Mobilisierung gegen Zentralisierung bei Kassen

Laut aktueller Umfrage ist auch Mehrheit der Arbeitnehmer gegen Kassenfusion.
Dornbirn Die Mobilisierung gegen die Zentralisierung bzw. Fusion der Gebietskrankenkassen wird fortgesetzt. Nach der „Salzburger Deklaration“, die wie berichtet am Freitag von allen neun Länderkassen und Ärztekammern einstimmig verabschiedet wurde, treten heute, Dienstag, in Vorarlberg die Sozialpartner auf den Plan. Arbeiterkammer, Gewerkschaftsbund und noch einmal die Ärztekammer zeigen sich solidarisch mit den Forderungen der Kasse nach Entscheidungs- und Budgethoheit und verlangen: „Hände weg von unserer GKK.“ Laut einer aktuellen Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Dr. Edwin Berndt im Auftrag der Arbeiterkammer durchführte, stellt sich auch eine große Mehrheit der Bevölkerung gegen ein Schrumpfen der Kassenkompetenzen, vor allem aber gegen den Abfluss von hier erwirtschafteten Geldern nach Wien.
Gegnerschaft steigt mit Alter
Befragt wurden insgesamt 403 Personen, alle sind AK-Mitglieder. Dabei votierten 4 von 5 Arbeitnehmern (79 Prozent) gegen eine Verstaatlichung und Zentralisierung der Krankenversicherung durch die neue Bundesregierung. Abgelehnt wird auch der Verlust der Mitbestimmung der Vorarlberger Arbeitnehmer, was die Verwendung ihrer Krankenkassenbeiträge betrifft. Lediglich jeder 10. Befragte hält das Vorgehen der türkis-blauen Bundesregierung für richtig. Ebenfalls interessant: Mit dem Alter steigt die Gegnerschaft eines solchen Ansinnens. Bei den unter 30-Jährigen lag der Wert bei 72 Prozent, bei der mittleren und älteren Generation bei 80 und 85 Prozent. Für den Meinungsforscher kommt das deutlich negative Ergebnis nicht überraschend. Postulate wie Föderalismus oder Subsidiarität würden in Vorarlberg traditionell hohen Stellenwert einnehmen. „Diesen Umstand konnten wir in unserer fast 50-jährigen Berufserfahrung vielfach nachweisen“, spricht Berndt von enormen Spannungsfeldern zwischen dem Land und den Zentralstellen in Wien.
Beim Geld hört Solidarität auf
Ähnliche Werte wie bei der Thematik der Zentralisierung und Verstaatlichung erbrachte die Frage nach der Einstellung zur Abschaffung der Vorarlberger Gebietskrankenkasse infolge einer Zentralisierung. Hier sprachen sich 78 Prozent dagegen aus. Und erst recht nicht wollen sich die Vorarlberger die Butter vom Brot nehmen lassen, respektive marode Kassen mitfinanzieren. Wenn es ums eigene Geld geht, hört jedenfalls für viele die Solidarität auf, zumindest für
86 Prozent der Befragten. Sie stellen sich dezidiert gegen eine zentrale Beitragserhebung. Aber: Immerhin neun Prozent würden sie für richtig halten.
Sorgen um Serviceleistung
Die Vorarlberger Gebietskrankenkasse (VGKK) selbst hat auch schon deutlich gemacht, welche Einschränkungen eine Zentralisierung möglicherweise zur Folge hätte. So sieht die GKK beispielsweise die Ausgabestelle für Hilfsmittel als Serviceleistung gefährdet. Der Grund: Es handelt sich um ein Angebot, das es in dieser Form in keinem anderen Bundesland gibt. Da die vom Bund geplante Kassenfusion auch eine Leistungsharmonisierung vorsieht, könnte dieses Alleinstellungsmerkmal der VGKK irgendwann der Vergangenheit angehören. In der Ausgabestelle können mehr als 2000 Artikel direkt bezogen werden. Zudem gibt es eine Werkstatt, in der Leihgeräte wie Rollstühle repariert werden. Weiters sind die Behelfe günstiger im Preis, da der Einkauf beim Großhandel erfolgt. Das wiederum macht sich in einem niedrigeren Selbstbehalt für die Patienten bemerkbar. Aus Kosten-Nutzen-Rechnungen geht überdies hervor, dass die VGKK im Vergleich zu Krankenversicherungsträgern ohne eigene Ausgabestelle einen jährlichen Kostenvorteil von rund 800.000 Euro erzielt. Diese Geldmittel würden in vollem Umfang wieder in die Versorgung der Versicherten fließen, heißt es.