Kampf gegen „billige Kopie“

Sozialpartner gehen gegen geplante Kassenfusion auf die Barrikaden.
Dornbirn Schon einmal wehrte sich Vorarlberg erfolgreich gegen einen „Kassenraub“. Im Jahre 2002 vereitelten mehr als 110.000 Unterschriften die Pläne der damaligen Bundesregierung, die Gebietskrankenkasse „zu plündern“, wie es ÖGB-Vorsitzender Norbert Loacker deftig formulierte. Was damals gelang, soll wieder gelingen. Die Sozialpartner im Land sind bereit, auch den Kampf gegen die „billige Kopie“ aufzunehmen, um eine Zentralkrankenkasse zu verhindern. „Alles andere würde heißen, dass jährlich 13 Millionen Euro mehr nach Wien fließen als bisher“, verdeutlichten Arbeiterkammerpräsident Hubert Hämmerle, Ärztekammerchef Michael Jonas und Norbert Loacker bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Einhelliger Tenor der Sozialpartner: Selbstverwaltung sowie Beitrags- und Vertragshoheit müssen im Land bleiben. „Die Fachleute sitzen in Vorarlberg, aber ganz sicher nicht in Wien“, wetterte Loacker.
Ein „unverschämter Zugriff“
Wie berichtet, schließen sich die Gegner der von der türkis-blauen Bundesregierung anvisierten Kassenfusion auf allen Ebenen zusammen. Am Freitag verabschiedeten Länderkassen und Ärztekammern eine entsprechende Forderung nach Beibehaltung vorgenannter Strukturen, jetzt gehen die Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern auf die Barrikaden. AK-Präsident Hubert Hämmerle sprach von einem unverschämten Zugriff auf Versichertengelder und sparte auch sonst nicht mit Häme. So sprach er etwa von Parteigünstlingen, für die durch Abschaffung der gut funktionierenden Selbstverwaltung ein Platz geschaffen werden solle.
Ärztekammerpräsident Michael Jonas verwies auf zahlreiche innovative Projekte, die gemeinsam mit der Gebietskrankenkasse realisiert werden konnten. Als Beispiele nannte er die Darmkrebsvorsorge, die dem Gesundheitswesen im Land jährlich 5,7 Millionen Euro erspare, sowie das System der Gesamtvergütung, das eine an den Einnahmen orientierte Ausgabenpolitik sichere. „Die anderen Bundesländer beneiden uns darum“, ergänzte Jonas. Würden künftig alle Verträge mit Ärzten und anderen Gesundheitsanbietern zentral in Wien verhandelt, könnten regionale Interessen nicht mehr berücksichtigt werden. Er fordert eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Vorarlberger Partner, um die Vertragshoheit im Land halten zu können.
Mobilisation der Mitglieder
Die Arbeiterkammer mobilisiert demnächst ihre rund 150.000 Mitglieder. Sie erhalten einen Fragebogen, in dem ihre Meinung zum Erhalt der Gebietskrankenkasse in der jetzigen Form erhoben wird. Auch die Ärztekammer macht mit. Ausgefüllte Fragebögen können bis Ende April sowohl bei Betriebsräten wie auch in Arztpraxen abgegeben werden. Eine von Dr. Edwin Berndt durchgeführte repräsentative Umfrage unter AK-Mitgliedern hat, wie die VN berichteten, ein klares Votum für die Beibehaltung des bestehenden Systems gebracht. Landeshauptmann Markus Wallner soll ebenfalls mit ins Boot geholt werden. Doch die Zeit drängt, denn die Reform der Sozialversicherungen soll bereits mit 1. Jänner 2019 in Kraft treten. VN-MM
„Die Fachleute im Gesundheitswesen sitzen in Vorarlberg, aber ganz sicher nicht in Wien.“