Bürgerräte wieder stärken

Initiatoren des Raumplanungsbürgerrats fordern Ausbau und Stärkung der Räte.
Schwarzach Zehn Jahre ist es mittlerweile her, dass Bregenz erstmals einen Bürgerrat zum Leben in der Stadt abhielt. Noch im selben Jahr folgte ein zweiter Rat, die Seestadt stand damals schon im Fokus. Die Stadt schien Gefallen an diesem Instrument der Bürgerbeteiligung gefunden zu haben. Im Juni 2009 fand bereits der fünfte Bürgerrat statt. Es folgten Hohenems, Götzis, Rankweil, Egg; in ganzen Regionen wurde diskutiert. Im Montafon etwa, den Witus-Gemeinden und im Vorderland diskutierten Bürgerräte über bestimmte Themen. Jugendräte, Mütterräte, kommunale, regionale Räte … Rund 50 Bürgerräte wurden schon abgehalten.
Das Büro für Zukunftsfragen des Landes entwarf 2006 das Bürgerbeteiligungsinstrument „Bürgerrat“. Kein Wunder also, dass sich auch die Landesregierung des Instruments bediente. 2015 ließ sie über Asyl diskutieren, 2016 über Jugendthemen. Allerdings hat die Motivation merklich nachgelassen. Während zwischen 2011 und 2013 sechs landesweite Bürgerräte zusammenkamen, waren es danach noch drei, wobei der bisher letzte im Herbst des Vorjahrs erstmals nicht auf Betreiben der Politik zustande kam, denn auch Bürger können einen Rat fordern.
Mehr Zeit und Verbindlichkeit
1000 Unterschriften sind dafür nötig. Fast 1400 Vorarlberger sind es gewesen, die im Vorjahr auf Initiative von Kuno Sohm, Stefan Schartlmüller, Karlheinz Zeiner, Christoph Breuer, Antje Wagner und Martin Strele einen Antrag auf einen Bürgerrat zum Thema Raumplanung unterschrieben haben. Die Initiatoren sind im VN-Gespräch überzeugt: Der Bürgerrat gehört ausgebaut, sowohl was den Zeithorizont, als auch die Verbindlichkeit betrifft.
Ein Bürgerrat ist ein mehrstufiges Verfahren. Zunächst werden die Teilnehmer per Zufallsprinzip aus dem Melderegister ausgewählt. Zum Raumplanungsbürgerrat wurden 600 Vorarlberger eingeladen. 29 davon meldeten sich an, 27 sind erschienen. Ein Bürgerrat trifft sich zu einem eineinhalbtägigen Workshop an einem Wochenende, der Raumplanungsbeirat tat dies am 22. und 23. September. Die Initiatoren sind übrigens nicht dabei, außer sie werden zufällig ausgewählt. Wer einen Bürgerrat initiiert, hat also auf das Ergebnis keinen Einfluss.
Am 3. Oktober wurden die Ergebnisse in einem Bürgercafé diskutiert. Am 11. November behandelte eine Resonanzgruppe mit Vertretern des Landes und Institutionen die Punkte. Anschließend war es das eigentlich. Für Stefan Schartlmüller steht zwar fest: „Das mit der Verbindlichkeit ist sicher schwierig, der Bürgerrat soll ja keine Gesetze entwerfen.“ Kuno Sohm ergänzt: „Aber es wäre zum Beispiel sinnvoll, das Ergebnis verpflichtend im Landtag zu diskutieren.“
Die Aktivisten trauen dem Instrument einiges zu. Karlheinz Zeiner beispielsweise: „Der Bürgerrat bietet eine Möglichkeit, dem Lobbyismus entgegenzuwirken.“ Durch die zufällige Auswahl von Bürgern sei es gewährleistet, dass sich viele Interessen gleichberechtigt treffen. Die Debatten in Bürgerräten zeigten außerdem, dass sich vereinfachte Antworten der Teilnehmer innerhalb kürzester Zeit relativieren. „In eineinhalb Tagen lassen sich komplexe Themen detailliert diskutieren“, berichtet Schartlmüller. Mehr Zeit wäre jedoch besser.
Vorbild Planungszelle
Den Beiratsinitiatoren schwebt ein Modell nach Art der Planungszellen vor. Auch da werden die Teilnehmer zufällig ausgewählt. Die Bürger treffen sich allerdings vier Tage lang und in zeitlichen Abständen regelmäßig wieder. Etwas, das im Bürgerrat explizit nicht vorgesehen ist, wie aus der Richtlinie hervorgeht: „Nach der Präsentationsveranstaltung löst sich der Bürgerrat auf“, heißt es dort.
Kuno Sohm hofft, dass durch das Engagement der Gruppe der Bürgerrat wieder öfter zum Einsatz kommt: „Gerade in Zeiten, in denen sich die Demokratie zurückentwickelt, sind solche Instrumente wichtig. Leider ist der Bürgerrat etwas in Vergessenheit geraten.“ Christoph Breuer nimmt die Parteien in die Pflicht. Laut Richtlinie kann der Landtag einen Bürgerrat beschließen. „Es gibt sogar eine Abmachung, dass jede Oppositionspartei einen Bürgerrat beantragen darf.“ Sohm plädiert zudem für mehr kommunale Bürgerräte: „Die Bürgermeister könnten regelmäßig ihre Bürger über die Zukunft der Kommune diskutieren lassen.“
Ein neuer landesweiter Bürgerrat ist jedenfalls bereits in Planung. Landeshauptmann Markus Wallner kündigte einen Rat zum Thema Mobilität an. Ob es der einzige bleibt, liegt wohl auch daran, ob sich 1000 Bürger finden, die ein Thema behandelt sehen wollen.
„Es wäre sinnvoll, das Ergebnis verpflichtend im Landtag zu diskutieren.“
Weiter geht’s zum Thema Raumplanung mit der zweitägigen Raumbildkonferenz im Feldkircher Montforthaus. Sie startet heute, Montag, um 12 Uhr.