Möbelriese hält Landespolitik in Atem

LH Markus Wallner will nach Ikea-Absage rasche Änderung des Landesvolksabstimmungsgesetzes.
Lustenau, Bregenz In Lustenau wird nach der vor wenigen Tagen erfolgten Absage des Möbelriesen Ikea, in der Marktgemeinde einen Möbelmarkt zu errichten, nach einem Ausweg aus einer bereits für Sonntag, 27. Mai, fixierten Volksabstimmung gesucht. Die Wahlberechtigten wären damit nämlich zu einer Abstimmung über ein Projekt gerufen, das gar nicht mehr existiert. Derzeit ist aber rein gesetzlich gesehen eine Absage gar nicht möglich. LH Markus Wallner will dies nun möglich machen und schlägt eine Änderung des Landesvolksabstimmungsgesetzes vor, um die Abstimmung quasi im letzten Moment noch absagen zu können, wie er auf Anfrage der VN bestätigt.
Änderungsauftrag bereits erteilt
Für Wallner steht damit einiges auf dem Spiel: „Wenn in einer Volksabstimmung über etwas abgestimmt wird, dessen Gegenstand bereits obsolet geworden ist, dann wird ein probates Mittel der Demokratie ad absurdum geführt und ein wertvolles Instrument der demokratischen Abstimmung beschädigt. Diese Situation muss unter allen Umständen verhindert werden.“ Vor diesem Hintergrund will der Landeshauptmann nicht mehr länger zögern und durchgreifen: Er hat bereits einen Auftrag zu einer entsprechenden Gesetzesänderung an die Legistiker im Bregenzer Landhaus erteilt. Denn bisher können bereits eingebrachte Anträge zur Durchführung einer Abstimmung nicht mehr zurückgezogen werden.
Nur unter außerordentlichen Voraussetzungen, wie etwa Kriege oder Unruhen im Innern, Elementarereignisse oder Unglücksfälle außergewöhnlichen Umfangs, hat der Bürgermeister derzeit das Recht, das Vorhaben überhaupt zu verschieben, aber nicht aufzuheben.
Bussjäger bekräftigt Wallner
Auch im Hinblick auf die direkte Demokratie, die von der Bundesregierung bei vielen Themen gerne angeführt wird, müsse gehandelt werden. „Die Volksabstimmung ist ein wichtiges Instrument der direkten Demokratie. Wenn es keinen berechtigten Grund für eine Abstimmung mehr gibt, muss es unter besonderen Voraussetzungen auch eine Möglichkeit zur Aufhebung der Volksabstimmung geben“, betont Wallner im Gespräch mit den VN.
Bestätigt wird Wallner mit seinem Vorgehen von Verwaltungsjurist Peter Bussjäger. Der ehemalige Landtagsdirektor und VN-Kolumnist zu den VN: „Ich sehe im zeitgerechten Beschluss eines Landtagsgesetzes die einzige Möglichkeit, eine bereits beschlossene Volksabstimmung wie jene über Ikea in Lustenau, abzusagen. Nur dadurch könnte der Bürgermeister ein Instrumentarium für die Zurücknahme der Volksabstimmung erhalten.“
Besteht Gefahr des Austricksens?
Laut Verwaltungsjurist Bussjäger ist das mit der derzeitigen Gesetzeslage nicht der Fall. „Der Bürgermeister könnte eine Abstimmung nur verschieben, wenn außerordentliche Verhältnisse vorherrschen. Und von solchen Zuständen ist Lustenau ja Gott sei Dank weit entfernt.“ Der Umstand, dass Ikea offenbar kein Interesse mehr habe, sich in Lustenau anzusiedeln, sei kein Ereignis, das eine Absage der Volksabstimmung rechtfertige. „Theoretisch könnte das Volk ja ausgetrickst werden. Ikea erklärt seinen Rückzug, die Volksabstimmung wird nicht durchgeführt, das Möbelhaus meldet nach einem Jahr wieder Interesse an und die Initiatoren müssen neuerlich Unterschriften sammeln.“ VN-TW, HK
„Mit einer Abstimmung würde ein probates Mittel der Demokratie ad absurdum geführt.“
„Ein zeitgerechter Beschluss eines Gesetzes ist die einzige Möglichkeit für eine Absage.“
