Widersprüche im Arzt-Prozess

Weitere Zeugen sagten aus, Angeklagter widerspricht den Vorwürfen.
Feldkirch Wieder nehmen die fünf Schöffen Platz, denn für den langen Prozess wurden sicherheitshalber drei als Reserve bestellt. Die Laienrichter sind interessiert, stellen etliche und gute Fragen. Der vierte Verhandlungstag gegen den angeblich betrügerischen Arzt (die VN berichteten) beginnt mit einer jungen Frau. Die Wienerin ist 30 Jahre alt und leidet seit zehn Jahren an multipler Sklerose. Die Frühpensionistin macht dennoch einen fröhlichen, offenen Eindruck und erzählt ohne Hemmungen von ihrem Schicksal.
Heilung versprochen
Wie sie nach unzähligen Therapien und Arztbesuchen ihrem Körper eine Pause gönnen musste, weil sie die Nebenwirkungen nicht mehr ertrug, die Organe das Ganze nicht mehr mitmachen wollten und alles sowieso keine nennenswerte Besserung gebracht habe. Sie suchte einen Humanenergetiker auf, der nannte ihr den Angeklagten und dass dieser ein neues Produkt habe, das ihr eventuell helfen könnte. Die Frau im Rollstuhl erzählt, dass ihr der 69-jährige Angeklagte gesagt habe, dass es glücklicherweise etwas gegen ihre Krankheit gebe. „Nach sechs Ampullen wurde mir Heilung zugesichert. Er sagte, dass es Erfolge gebe und dass es auch mir helfen wird. Sonst hätte ich keine 650 Euro bezahlt“, so die Wienerin. Als sie nichts spürte, wollte sie den Arzt anrufen, doch er war nicht zu erreichen. Der Humanenergetiker meinte, sie müsse vielleicht nur noch zuwarten. Sie hielt die Kochsalzlösung für ein neues Präparat, für einen Mix aus schul- und alternativmedizinischer Forschung, das hilft, Selbstheilungskräfte im Körper freizusetzen.
Zu der Zeugin befragt, gibt der Angeklagte wenig Auskunft, was wirklich versprochen oder zugesichert wurde. „Ich habe das Geld nicht erhalten, bei mir ist keine Überweisung eingegangen, ich muss nochmals nachsehen“, konzentriert er sich aufs Finanzielle. „Ich kann den Beleg nachweisen“, hält die junge Frau dagegen. Jedenfalls – so der Angeklagte – gebe es bei MS ohnedies keine Heilung. Ein weiterer MS-Patient ist als Zeuge geladen, doch er wird nicht kommen, es geht ihm zu schlecht.
Verstorbene Patientin
Ein weiterer Mann reist aus Kärnten an. Seine Frau hatte eine schwere Krebserkrankung. Die Tumore waren weit fortgeschritten. Auch ihm nannte der Humanenergetiker den Vorarlberger Arzt, der etwas Erfolgversprechendes anzubieten habe. „Das Präparat ist in Dubai bereits am Markt, hier kämpft es noch um die Zulassung“, sagte ihm der Vermittler. So kaufte auch dieser Interessierte schlussendlich 30 Ampullen. „Wir haben sehr gute Erfolge damit, aber nicht überall“, teilte man ihm nach dem Kauf mit. „Der Gesamtzustand meiner Frau verschlechterte sich weiter, vor einem Jahr starb sie“, so der Zeuge. Dabei hatte man auch ihm zugesichert: „Es ist noch niemand gestorben, der nach sieben Tagen die zweite Ampulle eingenommen hat.“ Offenbar auch hier eine falsche Information. EC