Neue Kassa nimmt Formen an

Der sechsseitige Ministerratsvortrag liegt den VN vor.
Den VN liegt ein Entwurf zur österreichischen Krankenkassa vor. Der Protest wird lauter.
Dornbirn Papier ist geduldig, Inhalte aber oft kontrovers. Derzeit ist es ein Entwurf eines Ministerratsvortrags zur Reform der Sozialversicherungen, der Aufregung verursacht. Den VN liegt der Entwurf vor. Wie bereits bekannt, möchte die Bundesregierung 21 Sozialversicherungsträger zu fünf Trägern zusammenschließen. SVA (Unternehmer) und SVB (Bauern) sowie die BVA (Beamte) und die VAEB (Eisenbahner) sollen fusioniert werden. Herzstück der Reform ist die ÖGK (Österreichische Gesundheitskasse), eine österreichische Krankenkasse mit neun Landesstellen. Die ÖGK würde Gesamtverträge verhandeln und die Budgets der Länder erstellen. Den Ländern bliebe lediglich ein Projekt- und Innovationsbudget und die Möglichkeit, Zu- und Abschläge zu Verträgen zu verhandeln. Rücklagen, die bis 31. Dezember 2017 gebildet wurden, sollen unangetastet bleiben. Über dieses Geld dürften die Landesstellen noch verfügen, bis es aufgebraucht ist.
Wie kolportiert, sollen die Länderkassen zentralisiert werden. Dieser Umstand hat nun Arbeiter-, Ärzte- und Wirtschaftskammer mit der Patientenanwaltschaft auf den Plan gerufen. Verfassungsexperte Peter Bußjäger erstellte in deren Auftrag ein Gutachten. Er warnt: Vorarlbergs Gesundheitsversorgung würde massiv an Qualität einbüßen. Grundsätzlich seien drei Säulen wichtig: Die Beitragsautonomie der Länder, die Vertragshoheit bei den Verhandlungen und die Selbstverwaltung. Dieses System bringe viele Vorteile und sei nun gefährdet. „Föderalismus bedeutet, dass die Innovationskraft durch den Wettbewerb gestärkt wird.“ Burkhard Walla von den niedergelassenen Ärzten bringt Beispiele: Die Koloskopie-Vorsorge und das Dringlichkeitssystem seien Vorarlberger Erfolgsmodelle. Beides sei österreichweit nicht möglich gewesen. Vorarlbergs Ärztekammerpräsident Michael Jonas ergänzt: „Der Mutter-Kind-Pass wurde auch in Vorarlberg kreiert.“ Solche Innovationen seien nicht mehr möglich.
Lokale Kompetenz
Das Kleinwalsertal stehe derzeit vor einem Problem, was die ärztliche Versorgung betrifft. Kammern, Kassa und Politik suchen nach Lösungen. Walla ist überzeugt: „In Wien weiß man nicht einmal, wo das Tal liegt.“ Auch der Ärztegehalt müsse Ländersache bleiben. „Wir stehen im Wettbewerb mit der Schweiz und Deutschland“, sagt Jonas. Bußjäger bringt die juristische Komponente ins Spiel. Laut Verfassungsgericht müssen Änderungen sachlich gerechtfertigt sein und dem Effizienzprinzip folgen. Dies sei in diesem Fall nicht gegeben.
Auch in der Verwaltung soll sich vieles ändern. An der Spitze steht eine Generaldirektion. Ein Verwaltungsrat aus je fünf Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern sowie zwei Vertretern der Ministerin sollen bundesweit bestimmen. Die Landesverwaltungsräte würden aus je drei Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern und je einem Vertreter der Landeshauptleute und des Ministeriums bestehen. Sie dürften etwa die Landesdirektoren bestellen. „Die Direktoren sind an die Ziele und Vorgaben der Generaldirektion gebunden“, heißt es im Entwurf. AK-Präsident Hubert Hämmerle betont: „Es geht um das Geld der Versicherten. Deshalb müssen Vertreter der Versicherten die Mehrheit in der autonomen Länderselbstverwaltung bilden.“
Als Reformverweigerer möchte sich niemand sehen. Die Kammern verweisen auf einen Landtagsbeschluss, wonach die Berufskassen in die Länderkassen integriert werden sollen. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) befürwortet diesen Vorschlag. „Momentan bewegt sich die Politik aber in die andere Richtung.“ Auch er habe den Entwurf der Ministerin gesehen, bittet aber um Ruhe. „Es kursieren viele Papiere, aber kein konkreter Vorschlag. Mit den Ländern hat die Ministerin noch nicht verhandelt.“
„Ich befürchte, dass es zu einer Nivellierung und Verschlechterung am Standort führt.“
