Der lange Arm des Landes

Die neue Raumordnung macht die öffentliche Hand wesentlich kräftiger.
Bregenz Eine Raumordnung, zwei Gesetze: Das Raumplanungsgesetz und das Grundverkehrsgesetz sollen geändert werden. Beide befinden sich mittlerweile in Begutachtung. Hinter den Paragrafen und Absätzen verbergen sich die Antworten des Landes auf folgende Fragen: Wie soll Vorarlberg in Zukunft aussehen? Wo sollen Menschen wohnen? Wie kann verhindert werden, dass Grundstücke als Sparschweine missbraucht werden? Am Montag hat die Landesregierung die Eckpunkte präsentiert, die Gesetzestexte offenbaren nun die Details. Das Land kann zukünftig wesentlich stärker eingreifen.
Ein Mittel dazu sind die Räumlichen Entwicklungskonzepte (REK). Jede Gemeinde muss eines erstellen und darin Verdichtungszonen ausweisen. Sollte dies nicht nach den Vorstellungen des Landes geschehen, kann es eingreifen. Auf Bauplätzen in einer Verdichtungszone muss innerhalb von zehn Jahren die vorgeschriebene Mindestnutzung erreicht werden. Damit schafft sich der Gesetzgeber eine Möglichkeit, in bestehende Besitztümer einzugreifen. Anwalt und Raumplanungsexperte Stefan Lampert hat sich das Gesetz angesehen und meint: „Das ist für den Eigentümer natürlich problematisch. Er wird erpressbar. Auf ihn wird Druck ausgeübt, im schlimmsten Fall muss er es verkaufen.“
Falls sich ein Eigentümer nicht an die Frist hält, muss er das Grundstück nämlich der Gemeinde zum Verkauf anbieten. Um es behalten zu können, kann er es allerdings zurückwidmen lassen. Dann gehört die Wiese weiterhin ihm. Sollte jemand ein Einfamilienhaus in einer Verdichtungszone besitzen, ändert sich vorerst nichts. Erst wenn ein Bauantrag gestellt wird, greift die Mindestbaunutzung. Auch Widmungen werden zukünftig auf sieben Jahre befristet. Auch hier gilt: Sollte bis dahin nicht widmungsgemäß gebaut sein, kann zurückgewidmet werden.
Ein weiteres Steuerungsmittel ist die Erklärungspflicht. Wer Bauland kauft, muss erklären, was er innerhalb von sieben Jahren baut. Falls er dem nicht nachkommt, muss das Grundstück der Gemeinde zum Kauf angeboten werden. Sollten sich die Verantwortlichen nicht auf einen Kaufpreis einigen, wird das Grundstück versteigert. Für Unternehmer kann die Frist auf 14 Jahre verlängert werden. Von der Erklärungspflicht ausgenommen ist der erstmalige Kauf von 800 Quadratmetern. Ebenfalls neu ist der Bauland-Deckel. Wer fünf Hektar Bauland besitzt, darf keinen weiteren Bauplatz kaufen – mit Ausnahmen. Lampert sieht dies kritisch: „Das ist eine Eigentumsbeschränkung, da gibt es verfassungsrechtlich enge Kriterien, die jenen der Enteignung ähneln.“ Er glaubt, dass einige Änderungen bald vor dem Verfassungsgericht landen könnten. Als Jurist beschreibt er das mit einem Wort: „Spannend.“ VN-MIP
Diskussion: „Bauland-Deckel als Lösung?“ Mit Landespolitikern, Stefan Lampert und Matthias Burtscher (IV). Am 7. Mai, 18 Uhr, Raiffeisenbank Dornbirn.