Dorfpolizisten

Landesrat Christian Gantner will Dorfpolizisten installieren. Genauer möchte er, dass der Bund oder die Gemeinden das tun, denn das Land hat hierzu keine Kompetenz. Dorfpolizist ist freilich ein etwas romantisierender Ausdruck. Es geht um Bundespolizisten, die lokal eingesetzt werden, oder um Gemeindepolizisten. Letztere sind Angehörige von Gemeindesicherheitswachen. Sie treten als Stadt- oder Gemeindepolizei auf und haben grundsätzlich dieselben Kompetenzen wie die Bundespolizei. Bereits jetzt arbeitet über ein Drittel aller österreichischen Gemeindepolizisten in Vorarlberg, auch weil das Land die Gemeinden hier fördert.
Die Gemeindewachkörper sind die ältesten zivilen Polizeieinheiten in Österreich. Sie bestanden schon, als 1849 die Aufstellung der Gendarmarie beschlossen wurde. Innenminister Alexander von Bach verkündete damals, es werde in Zukunft „zwar noch immer Gemeindewachen geben“, allerdings sei „das Geschäft dieser Gemeinde- und Stadtwachen … vornämlich auf den Dienst der Local-Polizei gerichtet und erheischt keine so strenge Prüfung der in die Wache aufzunehmenden Individuen“. Man ließ die kleinen Gemeindewachen also nebenbei mitlaufen. Dass sie echte Polizeieinheiten seien, musste der OGH 1863 erst feststellen.
Während der Ersten Republik wurde die Idee einer roten Wiener Stadtpolizei zur Horrorvorstellung der Christlichsozialen. Mit der Errichtung von Bundespolizeidirektionen in größeren Städten wurde diesen untersagt, eigene Wachkörper zu erhalten. Der Versuch Wiens eine städtische Verkehrspolizei zu errichten, wurde 1928 vom Verfassungsgerichtshof zurückgewiesen. Die Sozialdemokraten weigerten sich aber, die Stadtwache aufzulösen, wenn dies nicht auch mit den Heimwehren geschehe. Schließlich wurde sie im Zuge des Putsches durch die Regierung Dollfuß entwaffnet.
In veränderter Form findet sich noch immer eine Anti-Wien-Klausel in der Bundesverfassung: Gemeinden, in denen die Landespolizeidirektion Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, dürfen keine eigene Polizei aufstellen. Das betrifft derzeit im Großen und Ganzen die Statutarstädte. Die Regierung möchte das einschränken. Dann dürften Wels oder Leoben eine Stadtpolizei aufstellen. Da es in Vorarlberg keine Statutarstädte gibt, könnten schon jetzt alle 96 Gemeinden einen von Gantners Dorfpolizisten bekommen – nur finanzieren müsste man es noch.
Moritz Moser stammt aus Feldkirch, lebt und arbeitet als Journalist in Wien. Twitter: @moser_at