Experte erklärt: Darum gibt es nach Jahrzehnten in Vorarlberg wieder mehr Morde

Nach Jahren des Rückgangs steigt die Zahl. Migration ist ein Grund.
SCHWARZACH Die Mordrate ist in den letzten Jahrzehnten mehr oder weniger kontinuierlich zurückgegangen. Zuletzt ist sie jedoch wieder stark gestiegen. Was sind die Gründe dafür? Eine Spurensuche mit Experten zeigt, dass das ganz offensichtlich auch mit Migration zu tun hat.
„Seit den 1950er Jahren hat es immer weniger Morde gegeben“, sagt der Psychiater und Gerichtsgutachter Reinhard Haller. Zahlenmäßig nachvollziehen lässt sich das zumindest ab 1970. So weit reicht die Todesursachenstatistik zurück. Bis Mitte der 1990er Jahre waren österreichweit 100 Mordopfer und mehr pro Jahr die Regel; 1984 handelte es sich gar um 134. Dann kam es zu einem Rückgang. In der ersten Hälfte der 2010er Jahre waren es weniger als 50. 2012 wurden nur noch 36 verzeichnet. Doch dann ging es wieder nach oben. 2018 registrierte das Bundeskriminalamt allein bis Ende November 70 Opfer. Ähnlich die Entwicklung in Vorarlberg, wo 1995, 2000, 2006 und 2014 gar niemand durch einen Mord zu Tode kam. Einst waren es bis zu acht Personen und 2017 sieben.
Im internationalen Vergleich hat Österreich grundsätzlich eine sehr niedrige Mordrate. Reinhard Haller spricht gegenüber den VN von „skandinavischen Verhältnissen“. Ausschlaggebend dafür sei, dass da wie dort keine mafiösen Strukturen und auch keine Bandenkriminalität existierten. Regelrechte Hinrichtungen ereignen sich daher kaum. Wenn, dann komme es viel eher zu Beziehungsdelikten. Sie machten 60 bis 70 Prozent aller Morde aus.
Für die vergangenen Jahrzehnte konstatiert der Psychiater eine „positive Menschheitsentwicklung“. Wachsender Wohlstand habe dazu beigetragen, dass immer weniger Morde aus reiner Not heraus passiert seien. Die psychologische Betreuung von Leuten, die gefährlich werden könnten, hat sich verbessert. Häusliche Gewalt ist kein Tabu mehr. Und dann ist da noch die Polizeiarbeit: Die meisten Fälle werden aufgeklärt. Laut Haller hält das potenzielle Täter zurück.
Doch was hat zum Anstieg der Mordrate in jüngster Vergangenheit geführt? Ist es die verstärkte Migration? Birgitt Haller vom Wiener Institut für Konfliktforschung ist sich „ziemlich sicher“, äußert sich im Übrigen aber zurückhaltend. Zu wenige Fakten lägen auf dem Tisch. Reinhard Haller sagt auf die Frage nach einem Zusammenhang: „Das kann man nicht bestreiten.“ Ein großer Teil der Zuwanderer gehöre der sogenannten Hochrisikogruppe an: das sind 20- bis 30-jährige Männer. Hohe Aggressivität sei in dieser Altersgruppe weltweit überrepräsentiert.
Haller ortet einen Trend, wonach Morde aus immer geringeren Motiven heraus passieren. Bei einigen Migranten sei das in Verbindung mit der Rolle der Frau und einem außerordentlichen Ehrbegriff fatal: „Wenn sich jemand in der Ehre verletzt fühlt, sticht er zu.“
Die Entwicklungen sind allerdings sprunghaft. 2017 war laut Kriminalitätsstatistik jeder siebente Mörder ein Ausländer, 2016 und 2018 fast jeder zweite. Bemerkenswert ist zudem, dass im vergangenen Jahr die Hälfte dieser Personen auf lediglich drei Staatsbürgerschaften entfielen: Serbien (7), Kosovo (7) und Slowakei (4). Aus den klassischen Herkunftsländern von Flüchtlingen, Afghanistan und Syrien, stammten zwei bzw. keiner. 41 Opfer waren weiblich, 29 männlich. JOH

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.