Ethik wird reguläres Unterrichtsfach: Das sagen Vorarlberger Schüler und Verantwortliche dazu

Ethik wird am dem Schuljahr 2020/21 zum regulären Unterrichtsfach. In Vorarlberg ist das Fach seit über 20 Jahren ein Schulversuch.
Schwarzach Nach mehr als 20 Jahren Ethik-Schulversuch macht die türkis-blaue Bundesregierung nun ernst: Wer sich in der Oberstufe (Sekundarstufe II) vom Religionsunterricht abmeldet oder ohne Bekenntnis ist, hat ab dem Schuljahr 2020/21 nun keine Freistunde mehr, sondern muss verpflichtend Ethik belegen. „Es geht darum, ethische Grundlagen über alle religiöse Grenzen und kulturelle Verständnisse hinweg, in einer Schule zu schaffen“, sagte Bildungsminister Heinz Faßmann vor Kurzem im Gespräch mit den VN.
Seit dem Schuljahr 1997/98 wird Ethik versuchsweise an immer mehr Vorarlberger Oberstufen als Alternative zu konfessionellen Religionsstunden angeboten. Für den Schulamtsleiter der Diözese Theodor Lang, ebenso wie für Thomas Waibel, Leiter der Arge Ethik in Vorarlberg, ist das Vorhaben das Fach in den Regelunterricht zu überführen „schon lange überfällig“. Immerhin bieten zwölf von 14 Bundesgymnasien in Vorarlberg Ethik an, in den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) sind es drei von 15.
Abmeldungen vom katholischen Religionsunterricht
Von gesamt 53.052 Schülern in Vorarlberg haben sich im laufenden Schuljahr 4849 Schüler vom katholischen Religionsunterricht abgemeldet. Dies entspricht knapp 14 Prozent. In der gesamten Oberstufe (Sekundarstufe II) haben sich 28 Prozent vom Religionsunterricht abgemeldet. Als Schulamtsleiter der Diözese hat Theodor Lang derzeit insgesamt 580 Lehrpersonen zur Hand. Mangel gibt es momentan vor allem im Pflichtschulbereich.
Schwierige Rahmenbedingungen
Einen Haken stellen sowohl für Lang, als auch Waibel allerdings die Rahmenbedingungen dar. So sei etwa geplant, dass Ethik in der gesamten Oberstufe nur mit insgesamt vier Wochenstunden vertreten sein soll. In Religion sind es insgesamt acht Wochenstunden in der Oberstufe. „Hier wünschen wir uns eine Gleichstellung“, sagt Lang. Zustimmung bekommt Lang von Thomas Waibel: „Für uns wäre das ein Aderlass, wenn wir statt wie bisher im Ethik-Schulversuch von zwei Wochenstunden pro Schulstufe auf eine runtergehen müssten. Das wäre eine Nivellierung nach unten“, beklagt Waibel. Für ihn gehe Faßmanns Vorhaben außerdem zu wenig weit. Er wünscht sich Ethik für alle, also nicht nur für jene, die sich vom konfessionellen Religionsunterricht abmelden.
Neue Pfade an der HLW Rankweil
An der HLW Rankweil geht man in diesen Pfad. Seit diesem Schuljahr wird das Fach „Werte und Kultur“ in allen Klassen parallel zum Religionsunterricht angeboten. „Es gibt bei uns seit diesem Jahr keine Entscheidung entweder Religion oder Ethik, sondern man hat beide Fächer“, erklärt Mitinitiator und Lehrer Andreas Amann. Die Religionslehrer verzichten dafür auf eine der Wochenstunden zugunsten des neuen Ethikfachs. Die Forderung nach Ethikunterricht kam in den vergangenen Jahren seitens der Schülervertreter immer wieder. Andererseits entspreche es dem Leitbild der Schule, gesellschaftliche und kulturelle Themen mit der ganzen Klasse zu diskutieren: „Niemand soll von der Vermittlung von Werten ausgeklammert sein. Dafür haben wir nun ein Forum geschaffen“, betont der Lehrer. Der Lehrplan des neuen Faches behandle Fragen der Identität, Moral und Gerechtigkeit bis hin zu Umweltethik, die Auseinandersetzung mit technologischen Entwicklungen und Atheismus. Bei den Schülern kommt der Parallelunterricht bislang gut an (siehe Statements).
Von dem Ethikfach „Werte und Kultur“ könne man sich nicht abmelden, vom Religionsunterricht schon. „Allerdings sind die Abmeldungen vom Religionsunterricht seit der Einführung des Fachs sogar zurückgegangen“, erzählt Amann. Freilich erfordere dies eine genaue Abstimmung zwischen den Ethik- und Religionslehrpersonen, um inhaltliche Überschneidungen zu vermeiden, sagt Amann.
Ethik-Lehrerausbildung
Arge-Leiter Thomas Waibel hat für das kommende Schuljahr einen Ethik-Lehrgang initiiert, der berufsbegleitend für bereits unterrichtende Lehrer an der Pädagogischen Hochschule Feldkirch stattfinden wird, und auch von Religionslehrern besucht werden kann. „Einen Engpass an Ethik-Lehrpersonen erwarten wir uns nicht“, erklärt Waibel. Faßmann kündigte außerdem an, dass ab dem Schuljahr 2020/21 Pilotversuche des Fachs in Volksschulen und Unterstufen, also Sekundarstufe I, stattfinden sollen. Komplettes Neuland sei laut Waibel die Situation von Ethiklehrerausbildungen in den Berufsschulen und Primarstufen. Dies soll kommende Woche beim Treffen der Bundes-Arge Ethik zur Sprache kommen.
Statements von Schülerinnen der HLW Rankweil. Seit diesem Jahr gibt es Religions- und Ethikunterricht (“Werte und Kultur”):

Da ich letztes Jahr selbst Mitglied des Schulgemeinschaftsausschusses war und damals auch für die Einführung des Werte und Kultur-Unterrichts gestimmt habe, freut es mich umso mehr zu sehen, wie gut der Unterricht bei den Schülern ankommt. Ich finde den Unterricht eine sehr gute Ergänzung zum normalen Religionsunterricht, da wir hier sehr viel über gesellschaftliche Normen etc. diskutieren und mich das des Öfteren zum Nachdenken anregt.

