Interview zum Weltfrauentag: Landesrätin Katharina Wiesflecker spricht über das Thema Gleichberechtigung

Vorarlberg / 08.03.2019 • 09:15 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Interview zum Weltfrauentag: Landesrätin Katharina Wiesflecker spricht über das Thema Gleichberechtigung

Frauenlandesrätin Katharina Wiesflecker (54) im VN-Interview über Gleichstellung und andere Probleme.

Bregenz Heute, Freitag, ist Weltfrauentag. Alles dreht sich um die Frauen und ihre Bedürfnisse. Der Alltag ist trotz vieler Bemühungen allerdings nach wie vor ernüchternd. Noch immer tragen Frauen die Hauptlast der Familien- und Pflegearbeit und haben beim Einkommen das Nachsehen

Es besteht der Eindruck, dass Frauen politisch meist nur dann Thema sind, wenn sich der Weltfrauentag aufdrängt.

Ich persönlich finde den Weltfrauentag immer noch sehr relevant. Natürlich sollte sich Frauenpolitik nicht nur rund um diesen Tag abspielen, aber es ist wichtig, an Dinge zu erinnern, die es noch braucht und die es schon gibt, wie etwa das Frauenwahlrecht, das so selbstverständlich geworden ist.

Trotzdem bleibt das Gefühl, irgendwo steckengeblieben zu sein …

Das Land erarbeitet schon lange Indikatoren für die Gleichstellung von Frauen und Männern. Damit lässt sich die Entwicklung sehr gut abbilden. Es ist tatsächlich richtig, dass wir in vielen Bereichen stehengeblieben sind. Ein Beispiel ist die politische Partizipation. Im Landtag hatten wir im Jahr 2000 einen Frauenanteil von 30 Prozent. Da liegen wir jetzt wieder, obwohl es dazwischen schon knapp 40 Prozent waren. Große Fortschritte machen wir hingegen im Bereich der Bildung.  Immer mehr Mädchen und Frauen schließen eine höhere Ausbildung ab. Bedauerlicherweise zeigt sich das in der Erwerbstätigkeit und bei den Einkommen überhaupt nicht.

Wie lassen sich solche Rückschritte erklären?

Ich denke, es gibt Phasen, in denen es mehr und weniger Bewusstsein für Frauenförderung gibt. Das führt dann zu Fortschritten oder eben Rückschritten. Heuer stehen Landtagswahlen an. Es wäre wünschenswert, wenn alle wahlwerbenden Gruppen einen Frauenanteil von 50 Prozent auf ihren Listen ausweisen würden

Gehen die Grünen hier mit gutem Beispiel voran?

Wir waren diesbezüglich stets in einer Vorreiterrolle, weil wir das im Statut verankert haben. Das bewirkte sicher Positives und brachte die anderen Parteien in Zugzwang. Jetzt stehen wir aber wieder an einem Punkt, wo alle Parteien das für sich entscheiden und machen müssen. Wie dann gewählt wird, ist ein anderes Thema. Die Parteien haben es jedoch in der Hand, bei den Listenerstellungen ein klares Signal zu setzen.

Trotz guter Ausbildung müssen sich viele Frauen mit Teilzeitjobs zufriedengeben. Woran liegt’s?

Ich verteufle Teilzeit nicht per se, sie ist jedoch dann problematisch, wenn es wenige Wochenstunden sind und eine Frau lange in Teilzeit ist. Mit 70 Prozent haben wir eine relativ hohe Erwerbsquote bei Frauen, gleichzeitig aber auch einen hohen Anteil an Frauen, die wenig Stunden in der Woche arbeiten, was ein Grund für die Einkommensunterschiede ist. Teilzeit in einer Größenordnung von 30 bis 35 Stunden würde nicht zu prekären Situationen und Altersarmut führen. Dazu müssten Erwerbs- und Pflegearbeit besser aufgeteilt werden. In diesem Zusammenhang bereitet mir das Vorgehen des Bundes große Sorgen, weil im Rahmen der Frauenförderung beim AMS nicht mehr gezielt auf die Problematik der Teilzeit aufmerksam gemacht wird. Nicht einmal von der Frauenministerin kam dazu Kritik.

Wird da eine subtile Zurück-an-den-Herd-Strategie gefahren?

Es geht von Seiten der schwarz-blauen Regierung durchaus in diese Richtung. Für mich ist das auch angesichts des Facharbeitermangels verwunderlich. Skandinavische Länder haben sich bei diesem Problem bewusst auf das Potenzial der Frauen konzentriert. Bei uns liegt da viel brach.

Müssten nicht auch die Frauen selbst wollen?

Ich verwehre mich dagegen, diese Themen auf die individuelle Ebene herunter zu brechen. Es gibt sicher persönliche Gründe, sich für Teilzeit zu entscheiden oder dafür, gar nicht zu arbeiten. Es geht aber ebenso um strukturelle Rahmenbedingungen, darum, ob der Partner Familienarbeit übernimmt und den gesellschaftlichen Wert, den diese Arbeit hat. Es ist auch in Vorarlberg nach wie vor so, dass Kinder- und Familienarbeit klassisch den Frauen zugeordnet wird

Wo bleibt die Gerechtigkeit für die alten Mütter?

Der Weg in die Zukunft kann nur sein, dass alles gerechter aufteilt wird. Das hilft den Frauen, die jetzt mit einer schmalen Pension dastehen nicht, das ist richtig, wir versuchen das jedoch über andere zusätzliche Leistungen abzufedern. Der Geschmack der Ungerechtigkeit bleibt natürlich.

Was würden Sie, sollten Sie auch der nächsten Landesregierung angehören, als Frauenreferentin besser machen?

Ein besseres Budget für das Frauenreferat ausverhandeln. Es ist mir zu wenig gut gelungen, mehr Geld für diesen speziellen Bereich herauszuholen. Zentral bleibt, Frauenpolitik in die Fläche zu bringen. Das Frauennetzwerk Vorarlberg müsste stärker unterstützt werden. Es geht nicht, dass man hier ausschließlich auf Ehrenamtlichkeit baut. Es braucht ein Mindestmaß an bezahlter Arbeit, um dieses Thema regional vorwärtszubringen.

Frauen-Info-Fest

Beim Frauen-Info-Fest heute Freitag, von 15 bis 19 Uhr im Landhaus in Bregenz, werden 25 Institutionen rund um das Thema Frauen und Mädchen informieren. Die Veranstaltung steht unter dem Motto „100 Jahre Frauenwahlrecht“. Dazu gibt es auch eine Wanderausstellung, ebenso einen Poetry Slam sowie den Vortrag „Gemeinsam sicher mit Frauen“.

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