VP-Mandatar Kucera stolpert über Harder Grundstücksdeal

Anwaltskammer sieht Fehlverhalten – Rückzug aus allen politischen Ämtern.
hard Der Sozialsprecher der ÖVP im Vorarlberger Landtag, Matthias Kucera (47), hat die Reißleine gezogen. „Ich ziehe mich mit sofortiger Wirkung von allen meinen politischen Ämtern auf Landes- und Gemeindeebene zurück“, ließ er gestern in einer persönlichen Erklärung an die Medien wissen. Damit endet die fast eineinhalb Jahre andauernde Debatte um die Rolle des etablierten Mandatars im umstrittenen Harder Grundstücksdeal.
Am 6. Oktober 2017 hatten die VN erstmals über den Verkauf von „Bauland in Bestlage zum Schnäppchenpreis“ berichtet. Ein betagter und an Demenz erkrankter Mann hatte ein 1600-Quadratmeter großes Grundstück mit 50.000 Euro zum Bruchteil des tatsächlichen Werts an den Lokalpolitiker Albert Büchele (53) verkauft. Als Vertragserrichter agierte dessen Parteifreund Matthias Kucera. Der Fall schlug Wellen, er rief die Opposition auf den Plan. Rücktrittsforderungen prallten an der ÖVP-Spitze jedoch ab. Kucera habe sich nichts zuschulden kommen lassen, nahm Landeshauptmann Markus Wallner (51) seinen Abgeordneten in Schutz. Wie er verwiesen damals auch der Koalitionspartner, die Grünen, auf die Standesvertretung, die am Ende über die Rolle Kuceras zu entscheiden habe.
„Nicht alle Regeln eingehalten“
Genau das ist jetzt, 17 Monate später, geschehen. Der Disziplinarrat der heimischen Rechtsanwaltskammer sollte prüfen, ob Kucera bei der umstrittenen Vertragserrichtung Berufspflichten sowie Ehre oder Ansehen des Standes verletzt hatte. Und das hat er wohl, wie der Harder Anwalt in seiner persönlichen Erklärung einräumt. Der Disziplinarrat habe festgestellt, dass „ich nicht alle standesrechtlichen Regeln eingehalten habe“, heißt es in der Mitteilung. Er selbst akzeptiere die Erkenntnis, lege auch keine Rechtsmittel dagegen ein. Auf seine Berufsausübung habe dies keinen Einfluss. Auf die politische Karriere schon. Wobei Kucera seine anwaltliche Tätigkeit nicht mit der politischen in Verbindung gebracht haben will und am Ende auch persönliche Gründe als ausschlaggebend nennt. So hätten trotz Einstellung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen die strafrechtlich haltlosen Vorwürfe gegen ihn nicht aufgehört. „Für mich und meine Familie ist das zu einer nicht weiter tragbaren Belastung geworden.“
Büchele bemüht weiter Gerichte
Nach einer Anzeige hatte die Staatsanwaltschaft im November 2017 wegen Betrugsverdachts Ermittlungen gegen Büchele und Kucera aufgenommen, die allerdings im September 2018 wieder eingestellt wurden. Es könne nicht mit der nötigen Sicherheit festgestellt werden, dass die fehlende Geschäftsfähigkeit des Verkäufers für die beiden Beschuldigten erkennbar war, hießt es in der Begründung.
Strafrechtlich war der Fall damit erledigt, Zivilgerichte und Anwaltskammer hatte er bis jetzt weiter beschäftigt. Und zumindest was den Kampf um das Gründstück betrifft, werden noch immer Gerichte bemüht, wie die VN gestern in Erfahrung bringen konnten. Lokalpolitiker Albert Büchele beharrt auf der Rechtmäßigkeit des Grundstücksgeschäfts und hat erneut Berufung beim Oberlandesgericht Innsbruck gegen die Aufhebung des Kaufvertrags eingelegt, wie sein Anwalt Nicolas Stieger auf Anfrage bestätigt. Begründet wird die Berufung wie schon beim ersten Mal mit Verfahrensmängeln. Nach einer Stellungnahme durch Rechtsanwalt Karl Schelling, der auch Vormund des betagten Verkäufers ist, wird ein schriftliches Urteil erteilt. Ob der Gerichtsakt dann geschlossen werden kann, ist offen.
Konsequenzen hatte der umstrittene Grundstücksdeal für Büchele bereits vor Monaten. Opposition und Koalitionspartner hatten vehement ein Ausscheiden Bücheles aus dem Hypo-Aufsichtsrat gefordert, wo er auf einem VP-Mandat saß. Bei der Neubestellung des Gremium wurde er dann auch nicht mehr berücksichtigt.
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