Fastenpredigt einer Spätberufenen

FH-Rektorin Tanja Eiselen erzählte von ihrem Weg zum Glauben.
Rankweil In Zeiten von Negativschlagzeilen über Missbrauchsfälle innerhalb der Kirche lassen sich viele Menschen trotzdem nicht von ihrem Glauben abbringen. Woran liegt das? Diese Frage stellte sich der Rankweiler Wallfahrtsseelsorger Walter Juen und machte die Frage auch zum Motto der heurigen Fastenpredigten in der Basilika am Liebfrauenberg. Jede Woche stellen sich verschiedene Persönlichkeiten aus unterschiedlichsten Lebensbereichen diese Frage selbst, am vergangenen Sonntag war es die Rektorin der Vorarlberger Fachhochschule, Tanja Eiselen, durch ihren Beruf nahezu täglich im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Glaube.
Die gebürtige Bremerin stammt aus einer Familie, wie sie erzählte, wo der Bildung deutlich mehr Bedeutung als dem Glauben geschenkt wurde, um nicht zu sagen Glaube und Religion spielten überhaupt keine Rolle. Dem Vater war die klassisch humanistische Bildung der Kinder sehr wichtig, und so verbrachte Eiselen ihre Jugend bei philosophischen Diskussionen, statt im Tanzkurs, und beschäftigte sich mehr mit griechisch-römischer Mythologie als mit Partys. Durch den Drang des Vaters nach beruflicher Weiterentwicklung war die Veränderung die einzige Konstante. 2002 kam Eiselen an die FH Vorarlberg, ihr Ziel einer eigenen Professur war erreicht, sie war laut eigener Aussage angekommen, die innerliche Unruhe zu Ende.
Nach Heirat und eigenem Haus fehlte ihr dann aber doch noch etwas. So beschloss die Wahlvorarlbergerin 2009, in Zeiten der rekordverdächtig vielen Kirchenaustritte, den umgekehrten Weg zu gehen und sich taufen zu lassen. Nach einer einjährigen intensiven Taufbegleitung und „unzähligen Gesprächen über Gott und die Welt“, bei denen es auch um umstrittene Themen wie den Zölibat, Missbrauchsfälle oder die Rolle der Frau in der Kirche ging, erhielt Eiselen schließlich in der Osternacht 2010 das Sakrament der Taufe.
Seitdem lebt sie ihren persönlichen Glauben und erlebt seine zwei Seiten zwischen Spiritualität und Institution. Die Kirche erlebt Eiselen dabei persönlich als nahe beim Menschen, wünscht sich aber manchmal mehr Verständnis für Lebensrealitäten und weniger Bezug auf Regeln beziehungsweise Dogmen. Wie Eiselen aber selbst sagt, fühlt sie sich in der Kirche nahe bei Gott und beim Menschen. Sie sei nun dort angekommen, wo sie immer hinwollte. CEG

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