Marvin (11) sprüht trotz Down-Syndrom vor Lebenslust

Am 21. März, dem Welt-Down-Syndrom-Tag, wird auf die Bedürfnisse dieser Menschen hingewiesen.
Rankweil Schwungvoll biegt Marvin mit seinem Rad auf den Vorplatz ein, steigt ab und verschwindet im Haus. Das Versorgen des Drahtesels überlässt er seinem Vater. Otmar Bauer lächelt gottergeben und schiebt die Räder in die Garage. „Kinder“, scheint sein Blick zu sagen. Da unterscheidet sich Marvin nicht von anderen seines Alters. Ein übermütiger Elfjähriger eben mit jugendlichen Flausen im Kopf. Dennoch haben die Eltern ein besonderes Auge auf ihren Sohn, denn Marvin kam mit dem Down-Syndrom zur Welt. Allen negativen medizinischen Prognosen zum Trotz entwickelte sich der Bub prächtig. Er ist kerngesund, in der Schule gut integriert, selbstständig und das, was der Volksmund wohl eine Quasselstrippe nennen würde. Hat Marvin erst einmal Vertrauen zu jemandem gefasst, redet er wie ein Wasserfall. Dabei spielt er sein erstaunlich gutes Sprachvermögen voll aus. Wen wundert es da, dass er später nur eines werden möchte: ein Superheld.
Viel Unterstützung erhalten
Nichts deutete während der Schwangerschaft von Bettina Bauer auf eine Behinderung des Kindes hin. „Es hat immer alles gepasst“, erinnert sie sich. Umso größer war der erste Schock, als feststand, dass der Bub mit Trisomie 21 zur Welt kam. „Das hat mich anfangs schon ein bisschen aus der Bahn geworfen“, gibt Otmar Bauer zu. Ein Neugeborenes mit Behinderung, eine dreijährige Tochter und das künftige Heim noch eine Baustelle: Es kam viel zusammen, aber die Familie konnte stets auf die Unterstützung ihres sozialen Umfelds zählen. Dafür sind die Eltern dankbar. Wiewohl Marvin deutlich mehr Fürsorge und Zeit für Therapien beanspruchte, spielte sich der Alltag mit ihm sukzessive ein. „Natürlich geht alles viel langsamer bei ihm. Man braucht Ausdauer und Geduld, aber es überrascht mich immer wieder, was er alles schafft“, erzählt der Vater. So hat Marvin Schwimmen, Ski- und Radfahren gelernt. „Papa, gon mir am Sonntag skifahra?“, fragt der Bub mit den großen Augen dazwischen. Otmar, den Marvin öfter einmal schelmisch Oti nennt, nickt zustimmend. Er ist gerne mit seinem Sohn unterwegs, fordert ihn mehr als die Mutter. „Sie ist die Vorsichtige.“ Auf diese Weise ergänzt sich das Ehepaar im Umgang mit Marvin.
Auf Integration Wert gelegt
Von Anfang an legten die Eltern großen Wert auf die Integration ihres Sohnes. Die lief in der Spielgruppe, im Kindergarten und später in der Volksschule in Rankweil-Brederis gut. Jetzt besucht Marvin die Mittelschule Rankweil-West. Dort weiß er sich ebenfalls zu behaupten. „Rechnen und Lesen mag ich am liebsten, und meine Lehrerin Silvia ist auch nett“, bemerkt er, ehe er sich wieder seinem Buch widmet. „Er hat seit dem Schulwechsel wirklich viel Neues gelernt“, freut sich Otmar Bauer. Marvin ist außerdem flexibler geworden. Er fährt beispielsweise mit dem Bus allein in die Schule und wieder zurück nach Hause, und gibt es da Probleme, läuft er die Strecke eben. „Zwei- dreimal haben wir ihn deshalb gesucht“, berichtet Bettina Bauer. Seitdem verfügt Marvin über ein Handy.
Zur Selbstständigkeit erzogen
Marvin wird wegen seiner Behinderung nicht verhätschelt. Das Gegenteil ist der Fall. Seine Eltern erziehen ihn zu größtmöglicher Selbstständigkeit, nehmen ihn überallhin mit. Der Bub soll später so eigenständig leben können, wie es nur geht. Einmal im Jahr sind sie mit Marvin in St. Gerold. Er bekommt Reittherapie, Mama und Papa bekommen frei. Zeit zum Wandern und zum Abschalten. Das genießen sie. Auch wenn das Dasein mit Marvin zunehmend entspannter wird, so braucht er doch ein gerütteltes Maß an Aufmerksamkeit, das die Eltern beansprucht. Im Juni wird er zwölf. Marvin liebt Geburtstagsfeste, und er liebt das Leben.
Die Arbeitsgruppe Down-Syndrom ist aus Anlass des heutigen Welttags der Menschen mit Down-Syndrom von 9 bis 12 Uhr mit einem Infostand am Schlossplatz in Hohenems vertreten. „Wir möchten aufzeigen, dass Menschen mit Down-Syndrom dazugehören und teilhaben wollen“, erklärt Obfrau Gabriela Meusburger. Unterstützung gibt es von Schülern der Mittelschule Egg sowie der Lebenshilfe Vorarlberg.