Versprechen an Pio: “Er kriegt Ferienbetreuung”

Integrationsexpertin zu aktuellem Fall und Integration allgemein.
bregenz Die Integrationshilfe des Landes fängt dort an, wo die Gemeinden mit ihren Möglichkeiten und Instrumenten an Grenzen stoßen. Die Leiterin der Abteilung, Elisabeth Tschann (56), ortet beim Fall Pio gravierende Kommunikationsdefizite und ist von einer positiven Lösung überzeugt.
Wie erleben Sie „den Fall Pio“ , jenes Buben, der wegen seines Down Syndroms nicht in seiner Heimatgemeinde Vandans die Ferienbetreuung in Anspruch nehmen soll?
Der Fall Pio gehört zu jenen Einzelfällen im Umgang mit Behinderung, wo etwas nicht klappt. Wenn wir davon Kenntnis erhalten, müssen wir einmal mehr klar festhalten: Inklusion ist nicht unser Thema, sondern jenes der Gesellschaft. Wir von der Integrationshilfe greifen nur dann ein, wenn es solche Probleme gibt, bringen uns entweder als Vermittler ein oder stellen eine Sonderförderung bereit.
Haben Sie eine Erklärung für die Vorgangsweise der Gemeinde?
Ich meine, dass es hier ein atmosphärisches Problem gibt. Und zwar im Umgang miteinander. Wir erleben ja auch das Gegenteil. Das betone ich gerne. Es gibt Gemeinden, wo die Kommunikation in ähnlichen Situationen sehr gut klappt. Wobei man grundsätzlich sagen muss: Integration lässt sich nicht einfach verordnen. Da muss man schon aufeinander zugehen.
Wurden Sie von der Gemeinde Vandans in der Sache Pio nicht zu Rate gezogen?
Doch. Letztes Jahr und heuer. Es gab ja am 28. Februar ein Gespräch mit dem beauftragten Mitarbeiter des IfS in der Gemeinde. Leider kam es dort nicht zu einer Übereinkunft darüber, wie man Pio in die Ferienbetreuung integrieren kann. Da war für uns klar: Wir müssen noch mehr tun, um das Problem zu lösen.
Geben Sie der Mutter auch eine Schuld, dass die Situation kompliziert geworden ist?
Nein. Eine Mutter kämpft immer wie eine Löwin für ihr Kind. Ich habe volles Verständnis für sie. Ich kann auch sagen: Wir werden das bis Sommer hinbekommen. Soll heißen: Wir werden Möglichkeiten finden, dass Pio die Ferienbetreuung im Dorf erhält. Die Integrationshilfe ist ja oft vor viel größere Herausforderungen gestellt als diese. Und wir suchen überall nach Lösungen.
Ist der Fall Pio in dieser Konstellation ein Einzelfall, oder sind Sie öfter mit solchen Situationen konfrontiert?
In den letzten Jahren gab’s so etwas nicht. Wir hatten früher andere Herausforderungen. Zum Beispiel mit Kindern, die wegen ihres Handicaps nicht in den Kindergarten oder die Schule durften. Wir haben dafür gekämpft, dass sie Bildung erhielten und arbeiten heute eng mit der Bildungsdirektion zusammen. Es werden heute keine Kinder mehr ins Ausland geschickt. Wir versuchen für jedes Problem ambulante Lösungen vor Ort zu finden.
Wie offen sind die Kommunen für Ihre Unterstützungen?
Das ist unterschiedlich. Aber generell kann ich sagen, dass in den letzten Jahren sehr viel geschehen ist. Das Bewusstsein dafür, dass Integration und Inklusion nicht Landessache sind, sondern in der Gemeinde ihren Anfang nehmen, hat sich doch stark verbreitet. Wir sind die Koordinationsstelle, wenn es Probleme gibt oder es besondere Ressourcen braucht. Wir verfügen über ein entsprechendes Netzwerk mit Institutionen und Personen, die Unterstützung gewähren können.
Wie geht es mit Pios Wunsch nach Ferienbetreuung jetzt weiter?
Wir sind an einer Lösung dran. Dafür haben wir noch bis in den Sommer Zeit. Und wie ich schon eingangs gesagt habe: Der Bub bekommt seine Ferienbetreuung im Dorf. Wir konnten in den letzten Wochen einfach auch deswegen nicht einer Lösung näher kommen, weil sich der Bürgermeister im Krankenstand befindet und sich deswegen wenig getan hat.
Pio ist kein schwerbehindertes Kind. Aber gibt es nicht andere Fälle, bei denen man sagen muss: Hier ist Integration bzw. Inklusion nicht möglich?
Ich bin jetzt 20 Jahre in diesem Bereich tätig und sage mit voller Überzeugung: Nein, Integration und Inklusion haben keine Grenzen. An Grenzen stößt nicht die zu betreuende Person, sondern höchstens die Ressourcen und die Rahmenbedingungen für eine gute Betreuung.

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