Warum Demenz in Vorarlberg immer öfter Todesursache ist

Vorarlberg / 23.04.2019 • 07:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Warum Demenz in Vorarlberg immer öfter Todesursache ist
Demenz könne in fortgeschrittenem Zustand zum Beispiel zu Ausfallerscheinungen im Atemzentrum sowie zu einer Bettlägerigkeit führen. APA, VN

Demenz ist kein Tabu mehr: Die Todesursache wird auch in Vorarlberg immer öfter ausgewiesen.

Schwarzach Die Todesursachenstatistik enthält eine Entwicklung, die schier unglaublich ist. Unter dem Stichwort „Demenz“ wurden bis in die zweite Hälfte des letzten Jahrzehnts hinein kaum Fälle ausgewiesen. Seither ist die Zahl nicht nur gestiegen, sie hat sich vervielfacht. Das hat gute Gründe, wie Albert Lingg (69), der ehemalige Leiter der psychiatrischen Abteilung und Chefarzt des LKH Rankweil, erläutert.

Grundsätzlich ist es naheliegend, dass mit der Alterung der Gesellschaft auch eine Zunahme der Demenz einhergeht. Dass sich die Beeinträchtigung von Gedächtnis, Sprache und Motorik aber in einem solchen Ausmaß verbreitet, wie es aus der Todesursachenstatistik hervorgeht, ist kaum zu glauben.

Für diese Statistik wird das Grundleiden erfasst, das zum Tod führt. Demenz könne in fortgeschrittenem Zustand zum Beispiel zu Ausfallerscheinungen im Atemzentrum sowie zu einer Bettlägerigkeit führen. Das wiederum bringe immer wieder Folgeerkrankungen mit sich, die sich auf die Lebensfunktion auswirkten, so Barbara Leitner von der zuständigen Statistik Austria: Todesursache bleibe im Sinne des Grundleidens jedoch Demenz.

Bis 2007 kam die Todesursache Demenz in Vorarlberg kaum vor. Laut der Statistik handelte es sich um ein bis zwei Fälle pro Jahr, zuletzt selten mehr, sondern immer wieder weniger. 2008 waren es plötzlich 13 und 2017 ganze 138 Fälle. In anderen Bundesländern verhielt es sich ähnlich, sodass in einer grafischen Auswertung die Kurven für Vorarlberg und ganz Österreich parallel zueinander verlaufen – und zwar steil nach oben.

Risikoalter

Albert Lingg zeigt sich über die Entwicklung nicht verwundert. Natürlich trete Demenz immer öfter auf, „weil es mehr Leute im Risikoalter gibt“. Man sei aber auch stärker als in der Vergangenheit dazu übergegangen, auch wirklich das Grundleiden als Todesursache anzugeben: „Die Ärzte werden gebrieft, das zu tun.“ Was im konkreten Zusammenhang auch zeige, dass Demenz kein Tabu mehr ist.
Um eine Auseinandersetzung damit bemüht man sich in Vorarlberg ganz besonders. Die „Aktion Demenz“ arbeitet seit zwölf Jahren daran, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Thematik zu stärken. Initiativen in mittlerweile 43 Modellgemeinden sollen dazu beitragen, dass Menschen mit Demenz am öffentlichen Leben teilhaben können.

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Schätzungen zufolge leben in Vorarlberg rund 5600 Menschen mit einer demenziellen Erkrankung. Österreichweit sind es 130.000, bis 2050 könnte sich die Zahl verdoppeln. Prognosen sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, wie Russ-Preisträger Lingg im Gespräch mit den VN verdeutlicht: Erstens würden neue Studien zeigen, dass sich das Antrittsalter für die Demenz in ein immer höheres Lebensalter verschiebe. Und zweitens gebe es Hoffnung, dass eines Tages Mittel und Wege gefunden werden, Demenzprozesse zu bremsen oder gar zu stoppen. „Aber davon sind wir noch weit entfernt.“

Was man immerhin schon wisse, sei, wie sich Risikofaktoren minimieren lassen – durch geistige Aktivitäten, Nichtrauchen und gesunde Ernährung etwa.