Grünes Sesselrücken beginnt

Vorarlberg / 23.04.2019 • 21:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Grünes Sesselrücken beginnt
Adi Gross zieht sich aus der Politik zurück. VN/Steurer

Klubobmann Adi Gross tritt bei der Landtagswahl nicht mehr an.

Bregenz Dass Basisdemokratie wahltaktisch nicht immer klug ist, mussten die Grünen bereits mehrfach erfahren. Erst recht, wenn parteiinterne Querelen öffentlich ausgetragen werden. Am Donnerstag um 18 Uhr wählen die Vorarlberger Grünen ihre Liste für die Landtagswahl im Herbst dieses Jahres. Ein möglicher Konflikt wurde nun vorsorglich aus der Welt geschafft. Klubobmann Adi Gross macht Platz. Er kandidiert nicht mehr, wie er am Dienstag in einem kurzen Pressestatement bekannt gab. Er bleibe zwar Klubobmann, lege aber aus gesundheitlichen Gründen eine Pause ein. Zudem möchte er den Jungen Platz machen. Seine Stellvertreterin Nina Tomaselli wird vorübergehend die Agenden übernehmen.

Platz für Jüngere

Die Frage um die neue grüne Klubspitze treibt die Partei schon länger um. Bei einer Klausur soll es zu gröberen Diskussionen gekommen sein. Gross sagt nun: „Verantwortung zu übernehmen heißt, in die Zukunft zu blicken, auch auf die Partei zu schauen. Das habe ich getan und gebe bekannt, dass ich auf eine weitere Kandidatur verzichten werde. Ich möchte mit dem Blick nach vorne jungen Menschen Platz machen. Diese sollen eine Chance bekommen, ich möchte ihnen nicht im Weg stehen. Ich weiß die Partei damit in guten Händen.“ Parteichef Johannes Rauch dankte es ihm: „So sehr ich die Entscheidung von Adi Gross bedauere, ich verstehe sie.“ ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück sagte: „Ich schätze die sachliche und konstruktive Art von Klubobmann Adi Gross sehr.“ SPÖ-Klubchef Michael Ritsch ebenfalls: „Bei aller inhaltlichen Unterschieden habe ich Adi Gross als Mensch und Politiker immer sehr geschätzt.“

Das Pressestatement von Adi Gross und Johannes Rauch zum Nachhören.

Die Vorarlberger Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle erläutert: „Das sieht nach einem Abgang in Würde aus, bevor es auf der Landesversammlung zu einem offenen Konflikt kommt, wie es die Grünen sonst gerne machen.“ Dass sich die Partei erneuert, sei jedenfalls notwendig, betont sie. Die Vorarlberger Grünen befänden sich aber in einer schwierigen Situation. „Sechs Mandate sind eigentlich nicht zu verteidigen. Sie stehen auch als Verlierer da, wenn sie ein respektables Ergebnis schaffen“, sagt Stainer-Hämmerle. Ein Juniorpartner einer Regierung habe es schwer. Läuft es gut, zähle der Landeshauptmannbonus mehr. Läuft es schlecht, werde die ganze Regierung abgestraft. „Deshalb ist es wichtig, genug Gesichter auf der Landesliste zu haben, die nicht für die Regierungsarbeit stehen.“

Showdown am Donnerstag

Welche Gesichter das sind, steht am Donnerstag fest. Es geht um viel, wie die Tatsache beweist, dass sich nur wenige Abgeordnete auf VN-Anfrage zu ihrer Kandidatur äußern. Fix ist: Johannes Rauch geht als Spitzenkandidat ins Rennen, Katharina Wiesflecker folgt wohl auf Platz zwei. Die Vorarlberger Wahlarithmetik ist kompliziert: Zuerst zählen die Bezirkslisten. 2014 sind fünf grüne Abgeordnete über die Bezirke eingezogen, nur Daniel Zadra über die Landesliste.

Nina Tomaselli übernimmt vorerst die Klubführung. VN/Steurer
Nina Tomaselli übernimmt vorerst die Klubführung. VN/Steurer

In Dornbirn eroberten die Grünen ein Mandat. Auf Platz eins kandidierte zwar Zadra, Vahide Aydin überholte ihn mit den Vorzugsstimmen. Heuer möchte sie wieder auf Rang zwei ins Rennen gehen, bestätigt sie. Abgeordneter Christoph Metzler rückte auf der Feldkircher Bezirksliste für Johannes Rauch nach, als dieser in die Regierung wechselte. Auch Metzler möchte wieder auf diesem Platz kandidieren. Nina Tomaselli zog ebenfalls über Feldkirch ein. Adi Gross und Sandra Schoch schafften den Einzug über Bregenz. Tomaselli, Zadra und Schoch möchten sich auf VN-Anfrage nicht in die Karten blicken lassen.

Adi Gross blickt nach vorne: „Ich bin noch jung genug, etwas Neues zu beginnen.“ Zunächst werde er sich auf ärztliches Anraten auf unbestimmte Zeit zurückziehen. Ob er im Landtag noch einmal Platz nimmt, ist ungewiss.