Dealer macht nach 25 Jahren reinen Tisch

Verkäufer und Eigenkonsument von Rauschmitteln stellte sich der Justiz.
Feldkirch Heute ist er 41 Jahre alt, angestellt, Vater von zwei Kindern, gebildet, eloquent und vor allem drogenfrei. Doch das war nicht immer so. Vor 25 Jahren hatte sein Vater die Polizei alarmiert, weil er merkte, dass seine Kinder Kontakt mit Drogen hatten. Der damals 16-Jährige lebte ein exzessives Leben, durchzechte mehrere Nächte hintereinander. „Ich nahm so ziemlich alles außer Heroin“, räumt der türkische Staatsbürger bei der Verhandlung am Landesgericht Feldkirch in perfektem Deutsch ein. Er habe mehrere Tage durchgemacht, konsumiert, weiterverkauft, sei abgemagert und wollte schlussendlich überhaupt nicht mehr leben. Cannabis, LSD, Speed, Kokain, Ecstasy. Die bunte Mischung ließ ihn erst tagelang feiern, dann tagelang schlafen und schlussendlich konnte er sich, wenn er aufwachte, an nichts mehr erinnern. Da habe er gewusst, dass er etwas ändern müsse, wenn er nicht sterben wollte. Er ging in die Türkei.
Strafe für späte Lieferung
In seiner Heimat nahmen Verwandte den Jungen, der in Österreich geboren und zur Schule gegangen war, auf. „Therapiestellen gab es damals in der Türkei nicht“, erzählt der höfliche Mann. In einer anderen Umgebung gelang es ihm, von den ganzen Substanzen wegzukommen. Geholfen habe ihm auch, dass er für 18 Monate zum Militär gegangen sei. Dort habe er, eingesetzt an einem Krisenherd, andere Sorgen gehabt. Zwei Jahre zuvor hatte er in Vorarlberger Diskotheken rund 1700 Ecstasy-Tabletten verkauft. 150 bis 200 Schilling kosteten die Stimmungsmacher damals pro Stück. In der Schweiz im Raum Zürich und St. Gallen verkaufte der Mann sogar 13.000 Stück. „Weil er so unpünktlich war, hab ich ihm pro halbe Stunde Verspätung pro Pille 50 Rappen abgezogen. So zahlte ich ihm zum Beispiel nur vier Franken statt 5,50“, gab einer der Käufer als Zeuge damals zu Protokoll.
In dem uralten Akt finden sich viele Schweizer Abnehmer. Die meisten rangierten unter Spitznamen. So beispielsweise „Ibiza“ und „Fatima“. Als Gegenleistung für die Vermittlung erhielt der Dealer Stoff für den Eigenkonsum. Geld hatte er ja keines, denn der Bursche, der eine Bäckerlehre abgebrochen hatte, war ohne Einkommen.
Nun, 25 Jahre nach seinen ersten Straftaten, stellte sich der Mann seiner Vergangenheit. „Mein Mandant ist geständig, unbescholten, er war damals junger Erwachsener und das Ganze ist sehr lange her“, plädiert Verteidiger Florian Bär für ein mildes Urteil. Der Schöffensenat würdigt die gesamten Umstände, die diesen außergewöhnlichen Fall begleiten und verurteilt den Mann zu einer bedingten Haftstrafe von 15 Monaten. 1200 Euro muss er Strafe bezahlen. Wäre er unmittelbar nach den Straftaten nach einer damals viel strengeren Gesetzeslage verurteilt worden, hätte der Mann ins Gefängnis gemusst. Das Urteil ist rechtskräftig. EC