Bluttat von Imst: Beschuldigter sieht sich nicht als Mörder

Prozess am Landesgericht Innsbruck: Freunde des erstochenen Lustenauers belasten Angeklagten.
Innsbruck In der Nacht auf den 13. Mai 2018 starb ein 17-jähriger Lustenauer Tischlerlehrling auf einem Imster Parkplatz im Anschluss an ein Jugendfest. Ein Messerstich mitten ins Herz löschte sein junges Leben aus. Am Innsbrucker Landesgericht muss sich der damals 19-jährige Seyit K. verantworten. Die Anklage lautet auf Mord.
Sich bedroht gefühlt
Der Maurerlehrling bekennt sich unschuldig im Sinne der Anklage. Er streitet nicht ab, derjenige gewesen zu sein, der dem jungen Lustenauer in jener verhängnisvollen Nacht den tödlichen Stich versetzt hat. „Ich habe aus Notwehr gehandelt“, sagt er Richter Bruno Angerer und den Geschworenen. Er wiederholt, was er schon in den Vernehmungen erzählt hat. Das spätere Opfer sei auf ihn zugerannt, er habe sich bedroht gefühlt und irgendwie zugestochen. Warum und wie genau – an all das will er sich im Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Innsbruck nicht erinnern.
Erinnerungslücken
Überhaupt werden die Sätze „Ich weiß nicht“ und „Ich kann mich nicht erinnern“ zu Standardantworten, wenn es um Details geht. Widersprüche kann sich Seyit K. nicht erklären. Wie zum Beispiel jenen: Wie kann es sein, dass der Lustenauer noch auf ihn zulaufen habe können, wenn er doch nur zwei Meter von ihm entfernt war, als sich dieser nach einem schweren Tritt gegen den Kopf erst aufgerichtet habe.
Der Beschuldigte habe im zuvor entbrannten Streit der zwei Gruppen, nämlich jener des Opfers und seiner eigenen, mäßigend eingewirkt. Der später Getötete sei bereits in der verbalen Auseinandersetzung aggressiv gewesen.
“Bis zum Tod kämpfen”
Während die drei anderen Gruppenmitglieder, und vor allem sein Neffe, dem Beschuldigten mäßigendes Verhalten zu attestieren versuchen, sagen die Freunde des getöteten Lustenauers genau das Gegenteil. K. sei bereits im Zug der Auseinandersetzung immer wieder als Provokateur in Erscheinung getreten, habe die Gegner wiederholt als „Scheiß Österreicher“ bezeichnet. „Wir wollten schon längst nach Hause gehen, als vom Angeklagten der Vorschlag für einen fairen Kampf im Rahmen eines 1:1-Duells kam. Die Lage ist nach dem Fußtritt gegen den Kopf unseres Freundes eskaliert. Dieser hatte den Kampf schon gewonnen.“ Der Beschuldigte und einer seiner Kumpel hätten vorher immer wieder erklärt, dass sie bis zum Tod kämpfen wollten.
Die Sachverständigen sprechen klare Worte. Der Stich ins Herz war absolut tödlich, machte Gerichtsmediziner Walter Rabl deutlich. Gerichtspsychiaterin Gabriele Wörgötter beschrieb den Beschuldigten als eine unsichere Person, die schwer zugänglich sei. Er sei jedoch psychiatrisch nicht wirklich auffällig und könne das Unrecht seiner Handlungen durchaus erkennen. Schlussplädoyers und Urteil soll es noch heute geben.