Hilferuf der heimischen Bergbauern – sie wollen mehr Geld

Vorarlberg / 29.05.2019 • 07:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Hilferuf der heimischen Bergbauern - sie wollen mehr Geld
Das Leben der Bergbauern mag gelegentlich romantisch sein, zumeist ist es harte Arbeit in rauer Natur.BERCHTOLD

Es geht um die Existenz, sagt die Organisation „Bauernstammtisch“ und nimmt das Land in die Pflicht.

Bregenz Laut einer Einkommenstabelle des Arbeitskreises Unternehmensführung aus dem Jahre 2017 verdienen Bergbauern in Österreich um vieles weniger als ihre Kollegen im Tal. Liegt das Einkommen einer landwirtschaftlichen Arbeitskraft in einem reinen Talbetrieb (Zone 0) bei 2288 Euro monatlich, so verdient ein Berufskollege der Zone 4 (Betrieb in extremer Hanglage) nur 652 Euro. „Das reicht nicht aus, um die Existenz eines Bergbauern nachhaltig zu sichern“, sagt Jürgen Burtscher (49), selbst Bergbauer aus Ludesch und einer der Sprecher der Initiative „Bauernstammtisch“.

“Das reicht nicht aus, um die Existenz eines Bergbauern nachhaltig zu sichern.”

Jürgen Burtscher, Bergbauer

Schwierig zu bewirtschaften

Das Einkommen eines Landwirts setzt sich aus dem erwirtschafteten Ertrag und der sogenannten Leistungsabgeltung zusammen. Leistungsabgeltungen sind finanzielle Zuwendungen von Land, Staat und der EU. Je leichter eine Agrarfläche zu bewirtschaften ist, desto geringer sind die Betriebsausgaben. „In der Berglandwirtschaft sind die Betriebskosten naturgemäß höher. Die Flächen sind schwieriger, zum Teil nur mit Handarbeit zu bewirtschaften. Der Materialeinsatz ist kostspieliger, der Ertrag geringer. Und deswegen verdient eine bäuerliche Arbeitskraft trotz oft vieler Wochenstunden weniger als Bauern im Tal“, erläutert Burtscher das Dilemma aus seiner Sicht.

Komplexes Fördersystem

Burtscher beruft sich auf die Erklärungen der Landwirtschaftsstrategie 2020 des Landes Vorarlberg und erwähnt dabei die geplante „Änderung der Sonderrichtlinie ‚Ausgleichszulage‘, um die Leistungsabgeltung für Bergbauernbetriebe zu erhöhen“. Diesbezüglich sei noch nichts geschehen. Massiv drängen er uns seine Mitstreiter auf eine stärkere Unterstützung der Bergbauern.

Dass diese zu wenig unterstützt würden, stellt Landwirtschaftslandesrat Christian Gantner (38, ÖVP) in Abrede. „Wir tun mehr als die meisten Bundesländer für unsere Bergbauern. Und es ist uns auch bewusst, wie wichtig die Berglandwirtschaft ist“, betont der Landesrat. So würde das Land über die zwei Abgeltungstöpfe der Ausgleichszahlungen (AZ) sowie des Österreichischen Programms für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) hinaus zusätzlich noch unter dem Titel „Top up-Zahlungen“ den Bergbauern finanzielle Unterstützung gewähren.

Große Bedeutung der Bergbauern

Dass die Bergbauern weit über rein landwirtschaftliche Tätigkeiten hinaus von großer Wichtigkeit sind, ist für alle unbestritten. „Bergbauern sind für den Tourismus, den Lawinenschutz und die Kulturlandschaften in höheren Regionen unverzichtbar“, stellt Gantner klar. „Aber damit wir in vielfältiger Form weiterhin tätig werden können, brauchen wir die notwendigen Existenzgrundlagen“, macht Burtscher deutlich.

Die Bergbauernbetriebe sind in den letzten Jahren wie andere Landwirtschaften weniger geworden. Das hatte zur Folge, dass früher bewirtschaftete höher gelegene Landstriche wieder von der Natur zurückerobert wurden. Als Bergbauernbetriebe von Zone 1 bis 4 sind aktuell immer noch 2300 Höfe ausgewiesen, in den wirklich schwer zu bewirtschaftenden Zonen sind es jedoch nur noch 950, davon 35 in extremen Lagen. Der neue Direktor der Landwirtschaftskammer, Stefan Simma (48), widerspricht Burtscher. „Es hat in der letzten Förderperiode einige Verbesserungen für die Bergbauern gegeben. Dazu zählt eine für sie positive Reform der Ausgleichszahlungen, aber auch eine Änderung der Erschwerniseinstufung. So wurde etwa die Gewichtung der Hanglagen verstärkt“, erwähnt Simma. Nicht repräsentativ halten er als auch Landesrat Gantner die vom „Bauernstammtisch“ angegebene Einkommenstabelle. „Weil hier Einkommen außerhalb der Landwirtschaft nicht berücksichtigt wurden“, sagt Simma.

Bäuerliche Einkommen pro Monat

Zone 0 (Talwirtschaft): 2288 Euro netto

Zone 1 (Tal und Berg): 1549 Euro netto

Zone 2 (leichte Hänge): 1627 Euro netto

Zone 3 (steilere Hänge): 1376 Euro

Zone 4 (extreme Lage): 652 Euro

Einkommen berechnet auf 14 Gehälter

Quelle: Bauernstammtisch auf Basis der Untersuchung des Arbeitskreises Unternehmensführung 2017

Aufteilung Fördermassnahme: 2018

EU: 41,1 Prozent

Bund: 15,1 Prozent

Land: 43,8 Prozent

Angaben Land Vorarlberg