Angelika Müller verlor ihren Jüngsten durch einen Badeunfall

Vorarlberg / 17.07.2019 • 06:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Angelika Müller verlor ihren Jüngsten durch einen Badeunfall
Ein Fotoalbum und Erinnerungen sind Angelika Müller an ihren Sohn Silvan geblieben. VN/MM

Sie möchte Erwachsene sensibilisieren, ihre Aufsichtspflicht wahrzunehmen.

Vandans Badeunfälle mit Kindern lassen bei Angelika Müller (52) aus Vandans noch immer sämtliche Alarmglocken schrillen. Sie weiß, was solche Meldungen bedeuten können, hat das Leid am eigenen Leib erfahren. Ihr jüngster Sohn Silvan war zweieinhalb, als er in einen Teich fiel. Der Bub überlebte, aber mit gravierenden Folgen. Sieben Jahre kümmerte sich die Mutter aufopferungsvoll um das Kind. Anfang Mai 2016 starb Silvan. „Heuer wäre er 13 geworden“, sagt Angelika Müller. Sie möchte ihre Geschichte erzählen, um Erwachsenen bewusst zu machen, wie wichtig es ist, beim Baden auf Kinder zu achten, und sie will mit dem Trugschluss aufräumen, dass nach einem solchen Zwischenfall wieder alles gut wird. Doch: „In den meisten Fällen ist nichts mehr, wie es war.“

Tagebuch geführt

An der Wand über der Essecke hängen die Fotos ihrer drei Kinder: rechts die heute 25-jährige Tochter, links der mittlerweile 21-jährige Sohn und in der Mitte Silvan. Das Bild wurde nach dem Unfall aufgenommen. Mit großen Augen und einem zarten Lächeln blickt Silvan in die Kamera. „Er hat trotz allem gerne gelebt“, ist Angelika Müller überzeugt. Sie hat kein Problem, von ihrem Jüngsten zu erzählen. Sie konnte das immer. Manchmal fällt es ihrer schwerer, manchmal geht es leichter. Lange führte sie auch Tagebuch, vor allem während der vielen Spitalsaufenthalte, die Silvan benötigte. Das half Angelika Müller, das tragische Ereignis zu verarbeiten, vertreiben lassen sich die Gedanken daran jedoch nicht. Sie spricht von einem rabenschwarzen Tag, der das Leben der Familie komplett auf den Kopf stellte.  

Ins Leben zurückgeholt

Silvan war ein aufgeweckter Bub. Einer, der die Herzen anderer mit seiner offenen Art im Sturm zu erobern vermochte. Am Unglückstag tollte er draußen herum. Wie so oft. Als die Mutter nach ihm sehen wollte, war Silvan nicht da. Panisch machte sie sich auf die Suche nach dem Kind und fand es schließlich leblos im Teich des Nachbarn. Wie lange der Bub im Wasser lag, weiß Angelika Müller nicht. Überhaupt kam ihr plötzlich alles wie eine gefühlte Ewigkeit vor: die Erste-Hilfe-Maßnahmen, das Eintreffen der Rettungskräfte, der Abtransport ins LKH Feldkirch. Dort holten die Ärzte den Jungen wieder ins Leben zurück, doch der Schaden war schon angerichtet. „Wir mussten lernen, mit der neuen Situation umzugehen“, berichtet Angelika Müller von einer schweren Zeit. Die Liebe zu Silvan, die Unterstützung der Familie und der Glaube haben ihr geholfen, das Schicksal zu ertragen, aber sie weiß: „Dieses Ereignis wird mich ein Leben lang begleiten.“ 

Ein leiser Tod

Sie hat nie die Schuld bei anderen gesucht. Sich selbst machte Angelika Müller die größten Vorwürfe. Sie wünscht niemandem diese Erfahrung, deshalb ihr eindringlicher Appell, auf Kinder aufzupassen, sich nicht durch Handys oder Gespräche ablenken zu lassen, und, fügt sie noch an: „Man soll dankbar und froh sein, wenn ein Badeunfall gut ausgeht.“  Bei Kleinkindern ist Ertrinken die häufigste Todesursache. Der Tod kommt leise, die Kinder gehen einfach unter. Von Silvan sind der Mutter ein dünnes Fotoalbum und Erinnerungen an ein trotz vieler Einschränkungen herzliches Kind geblieben. Das letzte Bild zeigt den Buben mit einem kleinen Koffer in der Hand. Daneben die Worte: „Wir haben ihn losgelassen.“ Aus dem Erlebten ist mittlerweile das Manuskript für ein Buch geworden. Angelika Müller will es im Herbst veröffentlichen.

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