Kreisverkehre
Die SPÖ-Parteichefin Rendi-Wagner hat in einem Fernsehinterview auf die kritische Frage, weshalb sie eine Zusammenarbeit mit der FPÖ auf Bundesebene ausschließe, während doch im Burgenland die SPÖ mit der FPÖ koaliert, geantwortet: „Auf Landesebene werden Kreisverkehre besprochen, Pflegeheime und Volksschulen. Da ist die politische Dimension eine ganz andere.“
Abgesehen davon, dass die Argumentation nicht logisch ist (wieso akzeptiert sie jemanden als Gesprächspartner in Bildungsfragen auf Bundeebene nicht, in denselben Angelegenheiten auf Landesebene aber schon), sind auch die gewählten Beispiele schlecht: Kreisverkehre, Pflegeheime und Volksschulen stehen für die Infrastruktur im Verkehr, in der Pflege und in der Bildung. Einrichtungen, ohne die das tägliche Leben nicht denkbar wäre. In ihrer Aufzählung fehlen allerdings die Spitäler, welche die Ärztin Rendi-Wagner wohl bewusst nicht genannt hat, weil dies niemandem als unbedeutende Aufgabe zu vermitteln gewesen wäre.
Vermutlich wollte Rendi-Wagner auch ein paar unliebsamen Landesfunktionären ausrichten, dass sie eigentlich nicht so wichtig sind. Dennoch ist es erstaunlich, dass eine sozialdemokratische Parteivorsitzende Pflege und Bildung als minderwichtig abtut. Man könnte sie fragen, weshalb ihre Partei denn immer wieder auf eine möglichst weitreichende Zentralisierung dieser Angelegenheiten hinarbeitet, wenn sie doch so unwichtig sind?
Einerseits Landeskompetenzen heruntermachen, andererseits ihre Zentralisierung fordern, ist ein alter Trick der Zentralisten. Die Botschaft lautet: Die Länder erledigen keine wichtigen Aufgaben. Also kann man sie ihnen auch ohne Weiteres nehmen.
Dass Rendi-Wagner zuerst die Kreisverkehre eingefallen sind, zeugt von der grundsätzlichen Geringschätzung Wiener Zentralisten gegenüber den Ländern, selbst wenn dort ihre Parteikollegen arbeiten. Da hilft es auch nicht, dass sie sich in Wahlkampfzeiten „zu den Menschen“ aufmachen und sich dort volksnah geben.
„Abgesehen davon, dass die Argumentation nicht logisch ist, sind auch die gewählten Beispiele schlecht.“
Peter Bussjäger
peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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