Ja zu Deutschförderklassen

Vorarlberg / 25.08.2019 • 20:01 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Schullandesrätin Barbara Schöbi-Fink fordert Zeit für die Umsetzung der beschlossenen Bildungsreformen. VN/Paulitsch
Schullandesrätin Barbara Schöbi-Fink fordert Zeit für die Umsetzung der beschlossenen Bildungsreformen. VN/Paulitsch

Bilanz und Ausblick von Barbara Schöbi-Fink vor Beginn des Schuljahres 2019/2020.

Fußach Vor dem bald beginnenden Schuljahr 2019/2020 hat die Schullandesrätin ihre Schwerpunkte für die nahe Zukunft benannt. Ganz oben auf der Prioritätenliste: Sprachförderung und Ausbau der Ganztagsbetreuung.

 

Wie sieht Ihre Bilanz übers vergangene Schuljahr aus?

Schöbi-Fink 2018/19 war geprägt von einigen Neuerungen und Weiterentwicklungen. Ich denke da an die Implementierung von Deutschförderklassen, an die gesetzten Schwerpunkte im Bereich der Sprachförderungen in Kindergarten und Volksschule, an den Ausbau der ganztägigen Schulformen, das Schulfach Digitale Bildung und die MINT-Förderungen, also die Förderung der Fächer Mathematik, Informatik, Technik und Naturwissenschaften. Das abgelaufene Schuljahr war auch geprägt vom beschlossenen Pädagogik-Paket.

 

Bei dem vor allem die Wiedereinführung der verpflichtenden Ziffernbenotung höchst umstritten war. In Vorarlberg war der Widerstand dagegen massiv.

Schöbi-Fink Ja, diese Maßnahme hat für Irritationen gesorgt. Auch weil sich die Volksschulen seit mehr als 15 Jahren mit alternativen Formen der Leistungsbeurteilung auseinandergesetzt haben. In 85 Prozent der ersten Klassen, 70 Prozent der zweiten Klassen, sowie 56 Prozent der dritten Klassen wurde verbal beurteilt, die Eltern waren intensiv miteinbezogen. Ich kann also verstehen, dass dieser Schritt der Bundesregierung auf Unmut gestoßen ist. Andererseits ist die Ziffernnote auch eine Chance. Weil sie dazu beitragen kann, zusätzlich zur alternativen Beurteilung ein noch genaueres Bild über den Leistungsstand des Schulkindes zu liefern.

 

Wie beurteilen Sie nach einem Jahr den Wert der Deutschförderklassen?

Schöbi-Fink Da kann ich auch Positives berichten. In einer Lustenauer Schule habe ich mir das einmal genauer angesehen. In dieser Klasse befanden sich 13 Schüler, und ich konnte den Eindruck gewinnen, dass die Schüler dort sehr große Fortschritte machten. Ich habe zudem erfahren, dass sich migrantenstämmige Eltern, die zwar hier aufgewachsen sind, unsere Sprache gut beherrschen, aber mit ihren Kindern bis zur Schule nicht Deutsch redeten, geschworen haben, dass sie das nie mehr machen würden. Wenn sich ein solches Bewusstsein verbreitet, dann haben die Deutschförderklassen schon allein deswegen etwas gebracht.

 

Wie viele Deutschförderklassen wird es im kommenden Schuljahr geben?

Schöbi-Fink Es wird vermutlich 16 Deutschförderklassen geben. Im vergangenen Schuljahr waren es 13.

 

Die Zahl der Ganztagsschüler ist in Vorarlberg gesunken. Trotzdem sehen Sie in diesem Bereich Fortschritte. Wie passt das zusammen?

Schöbi-Fink Es ist richtig, dass die Zahl der Ganztagsschülerinnen und -schüler zurückgegangen ist, die Anzahl der Standorte mit einer ganztägigen Schulform ist allerdings gestiegen, ebenso die Anzahl der ganztägigen Klassen in verschränkter Form. Das Angebot für die Familien ist also besser geworden. In Vorarlberg lag die Betreuungsquote der Sechs- bis Zehnjährigen im vergangenen Schuljahr bei rund 32 Prozent, bei den Zehn- bis 14-Jährigen bei 33 Prozent. Wir werden den Ausbau auch weiter vorantreiben.

 

Wie in kaum einem anderen Bundesland finden sich in Vorarlberg kaum mehr Pädagogen, die Direktoren werden wollen. Warum? Und was kann man dagegen tun?

Schöbi-Fink Dieses Problem ist kein ausschließlich Vorarlberger Problem. Wir finden es auch in den anderen Bundesländern und auch in Deutschland. Direktorin oder Direktor zu sein, bedeutet eine große Herausforderung und fordert viel Eigenverantwortung. Neben Fachwissen und pädagogischen Fähigkeiten werden auch immer mehr Sozial- und vor allem Führungskompetenzen verlangt. All diese Herausforderungen bedeuten oft auch einen Einfluss auf die Lebensqualität. Die sinkende Attraktivität von Führungspositionen ist ein Phänomen unserer Zeit.

 

Was werden Ihre großen Schwerpunkte für das Schuljahr 2019/2020 sein?

Schöbi-Fink Das Thema Sprachförderung bleibt ein Schwerpunkt, auch der Übergang zwischen Kindergarten und Schule. Des weiteren bin ich bestrebt, zumindest ein weiteres zusätzliches Fach an die Pädagogische Hochschule Vorarlberg zu holen, um die Ausbildungsmöglichkeiten für angehende Pädagoginnen und Pädagogen zu erweitern  Auch der Ausbau der Schülerbetreuung bleibt eines meiner Hauptanliegen.

„Die sinkende Attraktivität von Führungspositionen ist ein Phänomen unserer Zeit.“

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