Als Hitlers Truppen in Polen einfielen

Vorarlberg / 30.08.2019 • 18:37 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Deutsche Soldaten zerstörten am 1. September 1939 den Schlagbaum an der deutsch-polnischen Grenze in der Nähe von Danzig. AP

Deutsche Soldaten zerstörten am 1. September 1939 den Schlagbaum an der deutsch-polnischen Grenze in der Nähe von Danzig. AP

Am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg.

bregenz „Polen hat heute Nacht zum ersten Mal auf unserem eigenen Territorium auch mit bereits regulären Soldaten geschossen. Seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen!“ Das verkündete Adolf Hitler am Vormittag des 1. September 1939 in einer im Rundfunk übertragenen Rede.

Doch nicht die Polen waren die Provokateure, sondern die Nationalsozialisten. Seit 4.45 Uhr führte die deutsche Luftwaffe die ersten Flächenangriffe auf die polnische Kleinstadt Wielun durch, und zuvor hatte das im Danziger Hafen liegende deutsche Linienschiff „Schleswig-Holstein“ das Feuer auf die polnische Enklave Westerplatte eröffnet.

Mit dem minutiös geplanten Überfall auf Polen und dem anschließenden Einmarsch der deutschen Truppen ohne vorherige Kriegserklärung vor 80 Jahren begann der Zweite Weltkrieg. Am Ende dieses sechs Jahre dauernden Vernichtungskrieges wurden rund 55 Millionen Tote und 35 Millionen Verwundete gezählt. Die materiellen Verluste sind bis heute nicht abschätzbar.

„In Vorarlberg war die Stimmung unter der Bevölkerung um den 1. September alles andere als gut“, weiß der Vorarlberger Zeithistoriker Wolfgang Weber. „Dazu trug nicht nur die Angst vor dem kommenden Krieg bei, sondern auch das Scheitern der Lohn- und Preispolitik der NSDAP seit dem sogenannten Anschluss im März 1938.“ Die Löhne in Österreich lagen um ein Drittel unter jenen in Deutschland, und der „Anschluss“ ließ aufgrund der starken Nachfrage aus Deutschland die Preise um ein Drittel steigen.

Die meisten Vorarlberger hätten aber am 1. September 1939 nicht geahnt, dass der Feldzug gegen Polen in Massenmorden und Kriegsverbrechen enden wird, sagt Wolfgang Weber, der sich auf Berichte von Zeitzeugen und Dokumente in Archiven beruft. „Sie blieben abwartend und skeptisch.“ Die Euphorie für den nationalsozialistischen Krieg sei erst nach dem raschen Sieg gegen Polen gekommen, „vor allem aber nach den sogenannten Blitzkriegsiegen im Jahr 1940“.  

Vor allem Einschränkung

Im September 1939 hingegen erlebten die Vorarlberger den Krieg vor allem durch Einschränkung, etwa durch Lebensmittelbewirtschaftung, Verdunkelungspflicht, verspätete Aufnahme des Schulunterrichts, Verbot von Tanzveranstaltungen, Schließung der Grenzen zur Schweiz. „Denn wenige Tage nach Kriegsbeginn, am 4. September 1939, wurde eine Kriegswirtschaftsverordnung erlassen, welche unter anderem die Einhebung eines Kriegszuschlages bei der Einkommens- und Lohnsteuer verfügte, und zwar bis zum Jahresende 1939“, berichtet Weber. Diese habe zwischen einem Sechstel und einem Zwölftel der Steuer betragen. „Im Durchschnitt waren das rund 12 Reichsmark. Damit konnte man damals einen Festmeter Buchenbrennholz kaufen. Ein Arbeiter  musste dafür ein- bis eineinhalb Tage arbeiten.“

NSDAP-Mitglieder

In Vorarlberg gab es 20.000 NSDAP-Parteimitglieder. „Bezogen auf die Bevölkerungszahl von 1938 bedeutete dies, dass rund jeder achte Vorarlberger Mitglied der Partei Adolf Hitlers wurde“, resümiert Weber. 1945 wurden diese Männer und Frauen von den Landtags- und Nationalratswahlen ausgeschlossen. „Gegen die radikalsten unter ihnen wurden Berufsverbote ausgesprochen“, informiert Weber. Ab 1948 wurden aber alle amnestiert und in die neue demokratische Gesellschaft integriert. „Sie durften 1949 wieder wählen und eine eigene Partei, den Verband der Unabhängigen, gründen.“

Nie vergessen werden dürfen die über 300 Vorarlberger, die während der NS-Diktatur wegen ihrer geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen ermordet wurden.

„Das bedeutete, dass rund jeder achte Vorarlberger Mitglied der Partei Adolf Hitlers wurde.“

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