Wie Greta, nur weiter: Feldkircherin segelt nach Südamerika

Sarah Siemers (28) aus Feldkirch segelt mit 35 anderen Abenteuerlustigen nach Südamerika zur UN-Klimakonferenz, die Anfang Dezember in Chile über die Bühne geht. Die Gruppe will für ein gerechtes und nachhaltigeres Transportwesen werben.
Wien, Feldkirch Ende August ankerte die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg nach ihrem zweiwöchigen Segeltörn mit der „Malizia“ über den Atlantik in New York. Was Greta kann, will eine Vorarlbergerin nun auch versuchen – und zwar in einer größeren Gruppe, länger, mit einem anderen Reiseziel und noch weniger CO2-Emissionen. Sarah Siemers will mit 35 weiteren jungen abenteuerlustigen Europäern zur UN-Klimakonferenz im chilenischen Santiago segeln, um für ein „gerechtes und nachhaltiges Transportwesen“ zu werben.
Am 2. Oktober will die Gruppe „Sail to the COP” (Conference of Parties) in Scheveningen bei Den Haag einschiffen. Auf dem Dreimast-Segelschoner „Regina Maris“ geht die siebenwöchige Reise mit Zwischenstopps in Casablanca, auf Teneriffa und den Kapverdischen Inseln nach Recife in Brasilien. Von dort segelt die Mann- und Frauschaft nach Rio, wo es für die letzte Reiseetappe mit dem Bus quer durch Südamerika nach Santiago de Chile geht. Hier findet in den ersten zwei Dezemberwochen die 25. UN-Klimakonferenz statt.

„Wir wollen ein Zeichen setzen, dass Reisen erschwinglich und attraktiv sein kann, ohne dass der Planet beschädigt wird“, sagt Sarah Siemers, die aus Feldkirch kommt und in Wien Umwelt- und Bioressourcenmanagement studiert. „Es muss in Sachen Klimaschutz auch in der Tourismus- und Reisebranche ein Umdenken stattfinden.“
Wie es wohl sein wird, nachts in der Dunkelheit auf hoher See, kein Land in Sicht? Die 28-Jährige habe zwar keine Angst davor, aber Respekt: „In den vergangenen Wochen fanden Treffen in den Niederlanden zur Vorbereitung statt.“ In den sieben Wochen auf hoher See soll eine Denkfabrik entstehen, es soll eine Vision erarbeitet werden, wie das Reisen der Zukunft aussehen könnte.
Kritische Stimmen
Was entgegnet Sarah Siemers kritischen Stimmen, die auch bei Greta Thunbergs Segeltörn laut wurden? Es gehe nicht etwa darum, sogenanntes Flight Shaming zu betreiben, sondern das eigene Reiseverhalten zu hinterfragen: „Viele Flugreisen, etwa Geschäftsreisen, wären in Zeiten digitaler Medien vermeidbar, weil man sich mit digitalen Medien über weite Strecken unterhalten und sehen kann.“ Die 28-Jährige will sich selbst nicht darauf festlegen, nie wieder in ein Flugzeug zu steigen. „Aber zum Beispiel auch die Mentalität, dass man für ein Shopping-Wochenende nach Barcelona fliegt, ist fragwürdig“, betont Sarah Siemers.
“Viele Flugreisen, etwa Geschäftsreisen, wären in Zeiten digitaler Medien vermeidbar, weil man sich mit digitalen Medien über weite Strecken unterhalten kann.”
Es brauche nicht nur ein Umdenken jedes Einzelnen, sondern vor allem den politischen Willen, etwas zu ändern. Die Gruppe fordert eine Besteuerung des Flugverkehrs und die Subventionierung nachhaltiger Transportmittel: „Es kann nicht sein, dass Flüge so billig sind und innerhalb der EU Flug- im Gegensatz zu Bahntickets umsatzsteuerfrei sind“, sagt die Feldkircherin. Für Siemers spiegelt sich im Flugsektor die globale Ungerechtigkeit wider: “Der Flugverkehr wird sich in den nächsten 20 Jahren weltweit verdoppeln, dabei aber nur einem kleinen Teil der Weltbevölkerung nutzen – nur 18 Prozent der Weltbevölkerung sind schon einmal geflogen.”
“Der Flugverkehr wird sich in den nächsten 20 Jahren verdoppeln, dabei aber nur einem kleinen Teil der Weltbevölkerung nutzen – nur 18 Prozent sind schon einmal geflogen.”
Die Initiatoren von “Sail to the COP”, vier Niederländer, haben die Aktion seit ihrem Besuch der letzten Klimakonferenz geplant, erzählt Siemers. Seit Mai stehen die Kandidaten fest. Voraussetzung für die Bewerbung war zeitliche Flexibilität und Vorwissen zu den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Finanziert wird das Projekt von den Teilnehmern und Sponsoren, wie der niederländischen Bahngesellschaft ProRail oder dem niederländischen Infrastruktur-Ministerium, aber auch von Umweltorganisationen, Firmen und Universtitäten.
Rückreise nicht per Flugzeug
Wenn die Klimakonferenz vorbei ist, werde aber niemand aus dem Team der „Regina Maris“ für die Heimreise ins Flugzeug steigen – im Gegenteil: Sarah Siemers wird mit dem Containerschiff zurückfahren. Übrigens würde ein Hin- und Rückflug für 36 Personen von Amsterdam nach Santiago (Chile) laut einem CO₂-Fußabdruck-Rechner (atmosfair.de) 248.513 kg CO₂ produzieren – dafür könnte man mit dem Auto 20.709 Mal von Feldkirch nach Bregenz hin und retour fahren.
“Sail to the COP”: Auf der Website www.sailtothecop.com berichtet die Gruppe regelmäßig über den Segeltörn, ebenso auf ihrem Instagram-Account www.instagram.com/sailtothecop.