Wahlkampf mit harten Bandagen

Wen Vorarlberg seit 1945 gewählt hat und wie sich der Wahlkampf veränderte.
Bregenz 15 Wahlen hat das Land seit 1945 erlebt, am Sonntag wählt Vorarlberg erneut. Vieles hat sich in den Jahrzehnten geändert, Wesentliches ist geblieben. „Die politischen Lager sind auffallend stabil, die These der 3-Parteien-Landschaft hat sich bestätigt“, sagt Dr. Wolfgang Weber (55), der sich wissenschaftlich mit den Landtagswahlen in der Zweiten Republik beschäftigt hat. Auch für die Jahre 1918 bis 1933 seien die Kräfteverhältnisse ähnliche gewesen. Schon damals habe es eine konservative Mehrheit, eine starke bürgerliche Opposition und eine schwache Sozialdemokratie gegeben.
Leistungsbilanzen der Parteien
Bis Sonntag versuchen die Parteien noch, Wähler zu mobilisieren. Ein intensiver Wahlkampf geht ins Finale. Das Werben um Stimmen ist so alt wie die Wahlen selbst. Es habe sich zu Beginn allerdings mehr um Leistungsbilanzen gehandelt, erklärt Weber. Die Regierenden richteten den Fokus auf erreichte Wahlversprechen, die Opposition wiederum auf leere Versprechen. Inhalte seien im Mittelpunkt gestanden, beworben bei Wahlversammlungen auf Marktplätzen oder in größeren Hallen. Harte Bandagen im Wahlkampf haben ebenfalls Tradition. 1949 seien erstmals Sachbeschädigungen angezeigt worden. Plakate der SPÖ und der WdU (Vorgängerpartei der FPÖ) wurden in Anschlagkästen kurzerhand abgehängt.
Seit 1954 regionale Themen
„Die ersten beiden Wahlen kamen noch ohne regionale Themen aus, da sie zeitgleich mit Nationalratswahlen abgehalten wurden“, blickt der Historiker zurück. Das änderte sich 1954. Was die Themenschwerpunkte betrifft, habe es bei den Parteien jedoch bis heute kaum Bewegung gegeben. SPÖ, FPÖ und ÖVP würden noch immer dafür stehen, was sie sich in frühen Jahren der Landtagswahlen auf die Fahnen schrieben. Mit dem Einzug der Grünen in den Landtag 1984 hätten die Schwarzen allerdings die Alleinstellung auf die Themen Umwelt und Migration eingebüßt, so Weber weiter.
Wandel zur Persönlichkeitswahl
Als Herbert Keßler die politische Bühne betrat, sollte sich vieles ändern. Der spätere Langzeit-Landeshauptmann betonte 1964, er mache Wahlwerbung und keinen Wahlkampf und legte Programme und Regierungserklärungen vor. Keßler begann auch, sich selbst zu inszenieren. Die Wende vom inhaltlichen Wahlkampf zum Persönlichkeitswahlkampf war damit eingeleitet. Homestories gehörten nun zum Geschäft. „So ließ sich Keßler etwa von einem Münchner Profi-Fotografen im privaten Garten ablichten“, erinnert Weber. Das war 1979. Wahlwerbung ohne Gesichter ist heute undenkbar. Wahlplakate zeigen das Konterfei des Spitzenkandidaten mit einer kurzen inhaltlichen Botschaft. Die meisten zumindest. „Die ÖVP ist die einzige Partei, die ganz auf Inhalte verzichtet und nur mit Wallner wirbt“, so Wolfgang Weber zum aktuellen Wahlkampf.
Zugangsbeschränkungen
Heuer sind rund 270.000 Vorarlberger wahlberechtigt, mehr als jemals zuvor. Neben dem Bevölkerungswachstum hängt das mit niedrigeren Zugangsbeschränkungen zusammen. So lag das Mindestalter zu Beginn noch bei 24 Jahren, heute sind es 16 Jahre.
„Es gibt eine Entwicklung vom inhaltlichen Wahlkampf zum Persönlichkeitswahlkampf.“

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