Kurz und die Vorarlberger Vernunft
Hier regiert der Hausverschtand. Der war ja schon ein Lieblingsbegriff von Alt-Landeshauptmann Herbert Sausgruber und sein Nachfolger Markus Wallner lebt die Idee unverdrossen weiter. Der ÖVP-Landeschef holt auf diese Art heute zwar nicht die Absolute zurück, die er 2014 verloren hatte, aber immerhin legt er knappe zwei Prozent auf 43,7 zu. Die Grünen, sein Regierungspartner, gewinnen ebenfalls leicht auf beinahe 19 Prozent und rücken mit ihrem langjährigen Chef Johannes Rauch erstmals zur Nummer 2 im Land auf – wohl eine Bestätigung der schwarz-grünen Zusammenarbeit im Westen, auf die jetzt alle blicken, weil so eine Koalition derzeit auch im Bund im Bereich des Möglichen liegt. Zumindest in der Theorie.
Die Vernunft und der gelassene alemannische Pragmatismus prägen die schwarz-grüne Politik der letzten Jahre, man hat damit selbst in heiklen Fragen, wie der Integration von geflohenen Menschen, gute Erfahrungen gemacht; Menschen, die seit 2015 in allen Gemeinden des Landes untergebracht wurden, ohne das es zu großen Protesten gekommen wäre wie anderswo. Und Rauch dürfte auch Wallners Partner bleiben: Die FPÖ, die massiv verloren hat, wurde von ihm ohnehin ausgeschlossen, Neos und SPÖ haben leicht zugelegt, drängen sich aber nicht als logische Alternativen zu den erstarkten Grünen auf. Die SPÖ bleibt noch immer unter zehn Prozent – am Vorarlberger Wesen wird die Sozialdemokratie also auch nicht genesen. Schwarz-Grün I hat sich 2014 in zehn Tagen formiert und man kann davon ausgehen, dass eine Neuauflage wieder rasch verhandelt werden kann. Vernünftig halt. Für Sebastian Kurz (und Werner Kogler) könnte das schwarz-grüne Ergebnis im Westen eine zusätzliche kleine Bestätigung sein, so ein politisches Experiment im Bund zu wagen. Auch um sich nach der Koalition mit den FPÖ-Schmuddelkinder international neu und fortschrittlich zu positionieren, als wackere Kämpfer gegen die Klimakrise. Wir werden sehen, wie weit man sich in Wien etwas von der Vorarlberger Vernunft abschauen will.
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