Nachbarn vor dem Strafgericht

Schlichtungsversuch nach Stoß mit Holzpfeife und Drohung mit Wagenradschlüssel.
Feldkirch „Es ist bedauerlich, dass Nachbarstreitigkeiten immer wieder hier vor dem Strafgericht landen“, beginnt die Vorsitzende bereits mit beruhigender Stimme die Verhandlung am Landesgericht Feldkirch. Sie erörtert die Möglichkeit, den Streit vor einer professionellen Konfliktregelungsstelle zu diskutieren und im besten Falle auch dort zu bereinigen.
Im Falle, dass die beiden Streitparteien Verantwortung für ihr Fehlverhalten übernehmen und einräumen, dass sie vielleicht überreagiert haben. Das Angebot kommt zunächst nur mäßig an. Schlussendlich einigen sich die beiden Männer darauf, es zumindest zu versuchen. Doch in der Vergangenheit ist einiges vorgefallen.
Wohnanlage als Ärgernis
Auf der einen Seite der 63-jährige Götzner Hauseigentümer, der sich ärgert, weil fremde Kinder immer wieder sein Grundstück betreten, obwohl er es ihnen bereits mehrfach verboten hat.
Dass sie beispielsweise mit Rädern und Rollern auf seiner Hauszufahrt hin und herfahren und den Kiesweg benützen, als wäre er eine öffentliche Straße. Und dass sie dabei Müll in seinen Garten schmeißen und mit Steinen werfen. Von Respekt fehle jede Spur. Wenn er sie filmt oder fotografiert, flüchten sie sich offenbar sofort in Mamas und Papas Schoß, von dort aus drohe dann grobes Ungemach. Zuletzt war es eine Drohung mit einem Wagenradschlüssel. Das ist die eine Seite. Der Betroffene und gleichzeitig Erstangeklagte hat kein leichtes Leben, die Wohnanlage zählt 110 Einheiten, der Spielplatz, von dem aus die Lärmbelästigung beinahe unerträglich sei, grenzt gleich an.
Sechs Kinder und Jugendliche werden in den Saal gebeten. Auch ihnen wird erklärt, dass man versuchen will, die Sache „friedlich“ außerhalb des Gerichtes zu regeln. Die Kinder kommen zu Wort und können ihre Sicht der Dinge schildern. „Wir gehen nie auf sein Grundstück, wir machen kaum Lärm und Müll haben wir noch nie etwas auf sein Grundstück geschmissen. Er kommt immer zu uns und verfolgt uns. Er schlägt uns, hält uns fest und filmt immer“, behaupten die Jungen, einige im Volksschulalter. Die Mutter ist in Fahrt, sie redet immer wieder dazwischen, empört sich enorm, dass der „andere“ ungestraft „davonkommt“. Dass es ein beiderseitiges Einlenken braucht, scheint sie nicht verstehen zu wollen.
Beifall
Kaum ist der Prozess zu Ende, taut der Kleinste der jungen Zeugen richtig auf. „Bravo, der kommt ohne Strafe davon“, raunzt der Zwerg vor sich hin.
Aufgebracht und mit Zornestränen applaudiert er zynisch über die Entscheidung der Richterin. Unterstützt von der Mutter, die zuvor verlangt hatte, dass der Nachbar dem Kind für den blauen Fleck am Arm Schmerzengeld und psychiatrische Betreuung bezahlen soll. Der Zweitangeklagte, der 37-jährige türkische Kindesvater hat bei der Auseinandersetzung eine Narbe im Gesicht davongetragen. Sein Nachbar stieß ihn offenbar mit einem Didgeridoo, einer Holzpfeife der australischen Ureinwohner.
Bleibt nur noch zu hoffen, dass man den Streit doch noch schlichten kann. Ein Verkauf des Hauses scheint obendrein im Raum zu stehen. EC
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