Schwarze und grüne Hochburgen

Die ÖVP räumt auf dem Land ab. Die Grünen punkten viel eher in den Städten.
WIEN Im ländlichen Raum sind die politischen Mehrheitsverhältnisse ganz anders als in den Zentren. Im ersten Fall ist besonders die ÖVP sehr stark vertreten, im zweiten sind die Grünen verhältnismäßig erfolgreich. „Unterschiede hat es schon immer gegeben“, analysiert der Geschäftsführer des Sozialforschungsinstituts SORA, Christoph Hofinger, im Gespräch mit den VN, warnt aber, dass daraus auch Spannungen entstehen könnten.
Tatsächlich zeigt sich das eingangs erwähnte Phänomen fast immer und überall. Bei der Vorarlberger Landtagswahl hat die ÖVP von Markus Wallner ihre besten Ergebnisse in Kleingemeinden erzielt. In Fontanella kam sie auf 87,8 Prozent und in Warth auf 86,2 Prozent. Die Grünen haben hier so ziemlich am schlechtesten abgeschnitten. In Fontanella mussten sie sich mit 4,2 und in Warth überhaupt nur mit 2,1 Prozent begnügen. Umgekehrt schnitten die Grünen im dicht besiedelten Rheintal am besten ab, in Bregenz kamen sie auf 22,8 Prozent. Und genau hier schnitt die ÖVP mit 32,6 Prozent wiederum am schlechtesten ab.

Zufall? Alles in allem nicht. SORA hat die Nationalratswahlergebnisse österreichweit nach Regionen aufgeschlüsselt, wie sie von der amtlichen Statistik Austria klassifiziert werden: In den Zentren, zu denen zum Beispiel Wien, aber auch das gesamte Rheintal gezählt wird, blieb die neue Volkspartei von Sebastian Kurz mit 31,5 Prozent deutlich unter ihrem Gesamtergebnis (37,5 Prozent). Im Umland holte sie jedoch 41,7 Prozent und im ländlichen Raum darüber hinaus gar 47,5 Prozent. Sprich: Hier ist sie einer absoluten Mehrheit nahe gekommen. Auch in diesem Fall bildeten die Grünen das andere Extrem: Mit 15,9 Prozent schnitten sie in den Zentren doppelt so gut ab wie im ländlichen Raum (7,6 Prozent).
Unterm Strich fällt auf, dass auch Sozialdemokraten und Neos in den Städten stärker sind bzw. die Freiheitlichen fernab davon. Worauf ist das zurückzuführen? Werden Menschen in den Städten quasi umgepolt? ÖVP-Klubobmann August Wöginger hat das im Wahlkampf angedeutet. Bei einem Auftritt im Innviertel meinte er, der selbst aus dieser Gegend stammt: „Es kann nicht sein, dass unsere Kinder (zum Studieren; Anm.) nach Wien fahren und als Grüne zurückkommen.“ Laut Hofinger ist ein solcher Effekt nicht erwiesen. Es könnte ja auch genausogut sein, dass es von vornherein eher progressive Junge in die Städte ziehe.
Der Sozialforscher hat ein paar andere Erklärungen dafür, dass Mitte-Links-Parteien in den Zentren und Mitte-Rechts-Parteien im übrigen Österreich tendenziell besser ankommen. Wobei das eine das andere ergebe: In den Städten sei die Bevölkerung im Schnitt jünger und akademischer. Beides kommt am ehesten den Grünen zugute. Außerdem gebe es hier mehr Wahlberechtigte mit Migrationshintergrund: „Sie wählen tendenziell links“, so Hofinger: „Dieser Faktor ist nicht zu unterschätzen.“
Doch zurück zur Nationalratswahl: Hier sind die Stadt-Land-Unterschiede laut SORA 2019 noch etwas größer ausgefallen als 2017. „Diese Entwicklung trägt das Potenzial einer Polarisierung in sich“, so Hofinger. Und zwar dann, wenn je nach Koalitionsvariante auf Dauer Mitte-Rechts gegen Mitte-Links stehen würde bzw. die eine Region gegen die andere ausgespielt werden würde. Nachsatz: „Schwarz-Grün würde das vielleicht entspannen.“
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