Nehammer: Fall Dornbirn wird noch einmal geprüft

Nehammer sieht sich Vorgeschichte zum Mord an der BH erneut an.
Bregenz Wenn der Innenminister kommt, ist das Bohei groß. Landeshauptmann, Landesrat, Landespolizeidirektor – alle wollen ihre Begehrlichkeiten deponieren und baden im Lob. Am Dienstag besuchte Karl Nehammer von der ÖVP erstmals in seiner Funktion als Innenminister das Land. Auch er entgegnete den Begehrlichkeiten (mehr Polizisten, regionale Sicherheitsstrukturen, Änderungen im Glücksspielgesetz) mit Anerkennung (Vorarlberg hat die höchste Aufklärungsquote). Konkretes konnte er an diesem Tag allerdings nicht versprechen. Er möchte die präventive Haft auf Verdacht (Sicherungshaft) umsetzen. Der Fall Dornbirn wird noch einmal geprüft.
Mehr Unterstützung gefordert
Der Forderung nach mehr Polizei kann sich kein Innenminister entziehen. Auch Nehammer verspricht mehr Personal. Das sei notwendig, um die anstehende Pensionswelle aufzufangen, erklärt Landeshauptmann Markus Wallner. Die Bundesregierung möchte bis zum Ende der Legislaturperiode zusätzliche 4300 Polizeistellen schaffen. Wie viele es pro Bundesland sind, wird derzeit verhandelt.
Was das Glücksspielgesetz betrifft, erneuert Wallner die Forderungen der Landeshauptleute und des Landtags aus dem Jahr 2018. „Wir brauchen mehr Unterstützung beim Kampf gegen illegales Glücksspiel.“ llegal sind alle Glücksspielautomaten außerhalb der Casinos. Für diese Automaten dürfte das Land die Konzessionen vergeben, tut es aber nicht, wie Gernot Längle von der zuständigen Abteilung im Landhaus erläutert. Wallner fordert, dass Betriebsschließungen einfacher werden und für drei Jahre angeordnet werden können. Außerdem soll es leichter werden, Bescheide zuzustellen. Auch Sicherheitslandesrat Christian Gantner wünscht sich Unterstützung für die Soko Glücksspiel. Nehammer möchte die geforderte Gesetzesänderungen nicht zusagen. „Das ist ein komplexes Thema, die Experten sind am Zug.“
Apropos Experten, die ein sensibles Thema behandeln: Wallner erneuert seine Forderung nach der sogenannten Sicherungshaft. Nach dem Fall Dornbirn könne man nicht zur Tagesordnung übergehen. Er wisse aber, dass eine Umsetzung nicht ganz leicht sei. Nehammer verweist wieder auf Experten (siehe Interview). Man habe sich in der Regierung auf die Sicherungshaft verständigt, nun sind Innen- und Justizministerium an der Reihe.
Noch einmal untersucht
Mit „Fall Dornbirn“ meint Wallner den Mord in der BH Dornbirn am 6. Februar 2019. Der Täter wurde in Vorarlberg geboren, blieb aber türkischer Staatsbürger. Er wurde in die Türkei abgeschoben und mit einem Rückkehrverbot belegt. Dennoch suchte er nach zehn Jahren um Asyl an. Da waren seine Vorstrafen bekannt, außerdem warnte eine Vorarlberger Beamtin vor dem Mann. Dennoch wurde er nicht im Erstaufnahmezentrum festgehalten. Mehrere Experten gehen davon aus, dass er in Haft hätte genommen werden können. Die Politik nimmt den Fall dennoch zum Anlass, eine Haft auf Verdacht einzuführen.
Die Vorkomnisse vor dem Mord in der BH möchte der neue Innenminister noch einmal untersuchen. Er habe seinen Generalsekretär beauftragt, alle Berichte zusammenzusuchen. Dann wird er das Ergebnis präsentieren.

Drei Fragen an Karl Nehammer:
Sie argumentieren die Sicherungshaft mit Gesetzeslücken. Welche Lücke meinen Sie denn genau?
Wir, also die Volkspartei und die Grünen, haben in den Koalitionsverhandlungen festgestellt, dass es eine Gesetzeslücke gibt. Nämlich dann, wenn weder Untersuchungshaft-Tatbestände noch Schubhaft-Tatbestände ausreichen, um eine gefährliche Person in eine Art Haft zu bringen. Jetzt sind die Experten von Innenministerium und Justizministerium am Zug. Sie suchen eine Lösung, um diese Lücke zu schließen.
Wissen Sie schon, ob es eine Verfassungsänderung braucht?
Da bitte ich noch um Nachsicht. Es ist ein hochkomplexes und sensibles Thema. Die Experten prüfen nun alle Möglichkeiten, und ich finde, diese Zeit sollten wir ihnen geben.
Anlassfall ist der Mord in der BH Dornbirn. Damals gab es Warnungen aus Vorarlberg, dennoch ließ man den Täter gehen. Wird der Fall unter Ihnen noch einmal aufgearbeitet?
Wie vorhin gesagt, wurde eine Gesetzeslücke festgestellt. Deshalb brauchen wir eine Lösung, um in so einem Fall handlungsfähig zu bleiben. Der Generalsekretär wurde nun von mir beauftragt, alle Berichte, die es dazu gibt, zusammenzuführen. Die werden wir noch einmal präsentieren.