Einstimmigkeit
Die rumänische Verkehrskommissarin hat also Österreich den Austritt aus der EU nahegelegt, wenn Tirol im Transitstreit weiterhin auf sektorale Fahrverbote setzt. Nach der Attacke auf die Wasserrechte von Illwerke/VKW ist das die nächste Aktion der Kommission, bei der man sich fragt, ob Brüssel in Österreich nur einen Nettozahler sieht, der zudem noch seine Ressourcen und Infrastrukturen zur Verfügung stellen soll.
Binnenmarkt
Gewiss, Österreichs Wirtschaft profitiert vom Binnenmarkt. Aber davon profitieren alle EU-Mitglieder, nicht nur Österreich. So wurde, um bei der Verkehrskommissarin zu bleiben, der österreichische Arbeitsmarkt auch für die Rumänen geöffnet, was dazu beigetragen hat, dass Rumänien mittlerweile nach offiziellen Daten eine niedrigere Arbeitslosigkeit als Österreich hat.
„Statt Probleme zu lösen, werden neue geschaffen, statt einen Streit zu schlichten, wird ein noch heftigerer entfacht.“
Sowohl im Falle der Wasserrechte als auch des Tiroler Transitverkehrs ist die Rolle der Kommission höchst zwiespältig. Statt Probleme zu lösen, werden neue geschaffen, statt einen Streit zu schlichten, wird ein noch heftigerer entfacht. Die Kommission scheint auch nicht ganz unparteiisch zu sein: Während Österreich in diesen beiden Fällen besonders hart attackiert wird, hat die Kommission beispielsweise die deutsche Autobahnmaut als mit dem Unionsrecht kompatibel betrachtet. Erst der Europäische Gerichtshof ist hier eingeschritten und hat das einseitig gegen ausländische Kraftfahrer gerichtete Projekt der deutschen Bundesregierung als Verstoß gegen das EU-Recht erkannt.
Kein Aufweichen
Nach diesen Erfahrungen muss man zumindest alle Versuche entschieden ablehnen, das Einstimmigkeitsprinzip in der Europäischen Union in jenen Bereichen, wo es noch besteht, aufzuweichen. Es kann beispielsweise nicht sein, dass die Mehrheit (die aus Empfängerländern besteht) über das Budget der EU entscheidet. Es darf auch nicht sein, dass die Steuer- und Außenpolitik Österreichs von der EU bestimmt wird und schon gar nicht darf es vorkommen, dass die Wasserressourcen Österreichs „vergemeinschaftet“ werden.
Das Einstimmigkeitsprinzip in diesen Bereichen verhindert zumindest, dass die EU die Interessen der kleineren Staaten völlig übergehen kann und sichert eine Mitsprache Österreichs, die es sonst nicht hätte. Wer leichtfertig wichtige Materien, die der Einstimmigkeit unterliegen, aufgibt, handelt nicht im Sinne Österreichs.
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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