Freund, Feind, orientierungslose Genossen
Pamela Rendi-Wagner ist als SPÖ-Vorsitzende verloren. Die Antwort auf die Vertrauensfrage, die sie nun allen Parteimitgliedern stellt, ist absehbar: Entscheidende Funktionäre weigern sich, zu ihrer Unterstützung zu mobilisieren. Rendi-Wagners Hoffnung, dass die einfachen Mitglieder jetzt erst recht für sie stimmen werden, ist unbegründet: Warum sollen sie das tun? Unter ihrer Führung ist die Sozialdemokratie einer aktuellen „profil“-Umfrage zufolge auf Platz vier hinter ÖVP, Grüne und FPÖ abgestürzt. Gerade einmal acht Prozent würden Rendi-Wagner zur Kanzlerin wählen, wenn das möglich wäre. Das ist aussichtslos.
Das Problem der SPÖ ist aber nicht die Vorsitzende allein. Wenn man schon über Personen redet, sollte man auch Leute wie den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig beachten. Sie machen Rendi-Wagner das Leben schwer, wo sie nur können. Ludwig ist kraft seines Amtes der mächtigste Sozialdemokrat. Als solcher hat er bei der Nachfolge von Christian Kern jedoch versagt und das dann auch noch ganz Österreich wissen lassen, indem er betonte, dass Rendi-Wagner nicht seine Wunschkandidatin gewesen sei.
Verantwortungslos
Andere haben Rendi-Wagner unterstützt, obwohl sie – wie Christian Kern – wussten, dass eine Vorsitzführung ohne politische Erfahrung, Hausmacht und Rückendeckung durch den Wiener Bürgermeister zum Scheitern verurteilt ist. Sprich: Sehr viele haben den Zustand der Sozialdemokratie zu verantworten. Bei Weitem nicht nur Pamela Rendi-Wagner.
All das ist wohl Ausdruck der grundsätzlichen Krise, in der sich die SPÖ befindet: Sie hat niemanden, der heute wirkungsvolle Oppositionspolitik betreiben und morgen Sebastian Kurz (ÖVP) als Kanzlerkandidat herausfordern könnte. Und das liegt wiederum auch daran, dass sie kein Programm pflegt, dass sie unverwechselbar machen würde: Nicht einmal eine Vermögensbesteuerung traut sie sich konsequent zu fordern. Auf die Gesamtschule hat sie vergessen, weil ja gerade in Wien die mit Abstand meisten Kinder ins Gymnasium gehen. Der Ruf nach einer gemeinsamen Krankenversicherung für alle endet dort, wo es um die Privilegien der Wiener Beamten geht, die in einer eigenen Kasse (inkl. Privatspital) versorgt sind.
Nicht links, sondern rechts
Max Lercher, der manchen als letztes Talent gilt, steht nicht links, wie sie behaupten, sondern rechts: Der Arbeitsmarkt solle erst dann geöffnet werden, „wenn wir keine Arbeitslosigkeit haben“, ließ er in der „Zeit“ wissen. Das hat nicht einmal Jörg Haider in seinem Anti-Ausländer-Volksbegehren Anfang der 1990er- Jahre gewagt: Er begnügte sich mit einem Einwanderungsstopp bis zu einer Senkung der Arbeitslosenrate auf fünf Prozent. Okay, das waren andere Zeiten. Aber trotzdem: Es unterstreicht, dass die Sozialdemokratie über keine Alleinstellungsmerkmale verfügt – und daher aufgerieben wird im Parteienwettbewerb.
Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.
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