Was tun gegen den rechten Terror?
Jetzt reicht es sogar den deutschen Narren. In der ZDF-Fasnacht-Sendung „Mainz bleibt Mainz“, üblicherweise Ort der derb-gutgelaunten Schunkelei, greift Sitzungspräsident Andreas Schmitt vergangene Woche rechte Hetzer nach dem Terror-Anschlag in Hanau frontal an: „Die Morde von Hanau, die Schüsse auf die Synagoge in Halle – ob Juden, Christen, Muslime, das war ein Angriff auf alle. Wir leben hier zusammen, die Demokratie wird triumphieren, dieses Land werdet ihr niemals regieren.“ Man stelle sich so eine Rede am hierzulande beliebten „Villacher Fasching“ vor, undenkbar. Dennoch, bei allem Respekt für klare Worte in einem Unterhaltungsformat: Mit engagierten Büttenreden kann man die Demokratie auch nicht retten.
Solche Momente des einfach verdaulichen Antifaschismus (Narren dürfen alles sagen, tata tata tata!) haben ihre Bedeutung. Genauso wie öffentliche Gedenkminuten für die zehn Opfer des Terroristen von Hanau – es sind Momente der Solidarität, die mehr Bewusstsein für die Bedrohung durch Rechtsextremismus schaffen können. Allerdings weiß man noch nicht so genau, wie man nach Schock und Abgrenzungsreden mit dem Terror von rechts umgehen soll; während man seit den 9/11-Anschlägen in New York international gegen islamistischen Terror ankämpft, verharmloste man rechte Attentäter wie jenen aus Norwegen, der 2011 Regierungsangestellte in Oslo und Jugendliche in einem sozialdemokratischen Feriencamp ermordete, lange als verwirrte Einzeltäter.
Keine Ahnung von Rassismus
Nach den Attentaten auf die Synagoge in Halle und die zwei Shisha-Bars in Hanau sucht Deutschland nach neuen Strategien gegen den rechten Terror, die man natürlich politisch, juristisch und in internationaler Zusammenarbeit denken muss.
Doch viele „weiße“ Menschen wissen nichts über Rassismus, Antisemitismus und Menschenverachtung, mit denen andere in ihrem Alltag ringen. Wir wissen nicht, wie es sich anfühlt, in einer Bar, Moschee oder Synagoge um unser Leben fürchten zu müssen, nur weil wir einer bestimmten Bevölkerungsgruppe angehören. Den von Hass Betroffenen endlich zuzuhören, wäre ein wichtiger Anfang.
Vor islamistischen Terroristen fürchten sich alle – die greifen ja unsere Werte, Kultur, Demokratie an. Vor rechtsextremen Attentätern fürchten sich viele zu wenige – die meinen ja nur „die anderen“, nicht mich. Doch Rechtsextreme und Islamisten verfolgen denselben Plan. Sie schüren Angst und Hass, wollen Racheakte ihrer Opfer provozieren, einen Bürgerkrieg entfachen und danach eine neue Ordnung schaffen. Das kann man etwa in den Büchern der renommierten Extremismus-Forscherin Julia Ebner nachlesen. Wer das klar vor Augen hat, kann nur mit größter Vehemenz gegen beide Phänomene ankämpfen.
„Vor islamistischen Terroristen fürchten sich alle. Vor rechtsextremen Attentätern fürchten sich viele zu wenige.“
Julia Ortner
julia.ortner@vn.at
Julia Ortner ist Journalistin mit Vorarlberger Wurzeln und lebt in Wien. Podcast: @ganzoffengesagt