Besuchsrecht für Scheidungskinder gefordert

Österreichs Kinder- und Jugendanwälte richten offenen Brief an die Bundesregierung.
Hohenems Ehen werden längst nicht mehr für die Ewigkeit geschlossen. Oft ist es der Anwalt, nicht der Tod, der zwei Menschen scheidet. Jährlich sind rund 13.000 Kinder und Jugendliche von Scheidungen betroffen, Trennungen von unverheirateten Partnerschaften sind nicht dabei. Vorarlbergs Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch geht von mindestens 150.000 Kinder und Jugendlichen in Österreich aus, die getrennt von einem Elternteil leben. Allein in Vorarlberg sind über 6600 betroffen. Laut aktueller Rechtsansicht der Bundesregierung gibt es kein Recht für Scheidungseltern, ihre Kinder zu besuchen. Österreichs Kinder- und Jugendanwälte haben deshalb einen gemeinsamen Brief an die Regierung gerichtet: Sie hoffen auf Änderungen im Besuchsrecht.
Michael Rauch betont: „Wir sind derzeit in einem Spannungsfeld, in vielen Bereichen kommt es zu Grundrechtsverletzungen, um das Virus einzudämmen.“ Mit dem Besuchsrecht greife man aber in einen besonders geschützten Bereich ein, in eines der wichtigsten Kinderrechte. Die gute Nachricht: „Alle bisher mir zugänglichen Informationen deuten darauf hin, dass es an diesem Wochenende noch Präzisierungen in der Verordnung gibt.“
Das betreffe auch Kinder in Pflegefamilien. Den sozialpädagogischen Einrichtungen spricht er ein Lob aus. „Da nehme ich eine große Bereitschaft wahr, für jedes Kind ein abgestimmtes Modell zu entwickeln.” In anderen Bundesländern sei es nicht so.
Für viele sei nicht verständlich, dass Kinder zur Betreuung zwar in Schulen und Kindergärten abgegeben werden können, aber Papa oder Mama nicht sehen dürfen. „Natürlich mit Schutzmaßnahmen“, fährt Rauch fort und appelliert: „Man kann sich im freien Treffen, man kann Abstand halten. Man kann Skype oder andere Medien nutzen. Ich bitte die Eltern kooperativ auf neue Formen und kreative Lösungen zurückzugreifen.“ Im Brief an die Regierung, der den VN vorliegt, drücken es die Kinder- und Jugendanwälte so aus: „Wir appellieren dringend an die Eltern, in dieser Ausnahmesituation gegenseitige Ressentiments hintanzustellen und in gemeinsamem Zusammenwirken.“ Bevor es zur schulischen Betreuung kommt, sei jedenfalls die Betreuung durch den getrennt lebenden Elternteil in Betracht zu ziehen.
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