Rudi Griesser bringt auch in diesen Zeiten Menschen von A nach B

Ein Lokführer im Zug zur Normalität.
Feldkirch Das öffentliche Leben steht still. Schulen sind zu, Vereinsleben findet keines statt und Menschenansammlungen sind verboten. Auch die Wirtschaft wurde heruntergefahren. Hotels, Gastronomiebetriebe, Dienstleister und der Handel haben mit Ausnahmen geschlossen. Andere Wirtschaftszweige wie Produktion, Bau und Handwerk dürfen weiterarbeiten. In Zeiten der Coronakrise hat zudem eine neue Berufsbeschreibung Einzug in den allgemeinen Wortschatz gefunden: systemrelevante Berufe. Dazu zählen zum Beispiel Krankenhauspersonal, Kinderbetreuerinnen, Abfallentsorger und Polizistinnen. Diese Menschen müssen irgendwie an ihren Arbeitsplatz kommen. Einer, der dafür sorgt, ist Rudi Griesser, Lokführer der ÖBB. Auch in Coronazeiten bringt er Menschen und Waren an ihren Bestimmungsort.
30 Jahre dabei
Seit 1989 ist der Feldkircher bei der Bahn, seit 1992 als Lokführer. So etwas wie jetzt hat er noch nie erlebt. „Gerade in Vorarlberg sind wir übervolle Züge mittlerweile gewohnt. Wir haben teilweise schon gar nicht mehr gewusst, wie wir die ganzen Menschen befördern sollen. Der öffentliche Verkehr wächst rasant. Und jetzt das. Es ist ein bedrückendes Gefühl, wenn man in leere Bahnhöfe einfährt. In einem Zug sitzen vielleicht noch zehn bis 20 Menschen.“ So bedrückend das Bild auch ist, es sei erfreulich, dass die Leute sich an die Vorgaben halten und zu Hause bleiben.
Abwechslungsreiche Tage
Rudi Griesser hat seinen Kindheitswunsch verwirklicht. Er habe von klein auf Lokführer werden wollen. „Es war die richtige Entscheidung“, sagt er auch noch heute. Zu sehen bekommt er viel. „Die Schichten sind komplett unterschiedlich.“ Ein Arbeitstag kann zum Beispiel so aussehen: In der Früh fährt er mit dem ersten Railjet von Bludenz nach Innsbruck. Dort übergibt er den Zug an einen Kollegen, um Viertel nach zehn geht es zurück. Zugendstation – aber nicht für Griesser. Er fährt mit der leeren Garnitur weiter nach Wolfurt zur Reinigung, bevor ein Kollege den einsatzbereiten Zug übernimmt. Der Arbeitstag ist damit nicht vorbei: Mit der S-Bahn fährt er noch zwei Mal auf und ab, dann ist Feierabend. „Es kann auch sein, dass ich mit einem Railjet nach Innsbruck fahre und mit einem Güterzug wieder retour“, erzählt der 50-Jährige.
Alles ist anders
Die Übergabe an den Kollegen erfolgt auf dem Bahnsteig, und nicht mehr im Führerhaus, schildert Griesser. „Das ist schon ein komisches Gefühl.“ Man versuche, wie in jedem Beruf, den direkten Kontakt so gut wie möglich zu verhindern. „In der Verwaltung sind fast alle im Homeoffice.“ Das Reinigungspersonal ist in dieser Zeit besonders gefordert. „Es wird pingelig auf die Hygiene geachtet. Die Züge werden in kürzeren Intervallen gereinigt“, betont der Lokführer. „Auch wir sind mit Einweghandschuhen und Desinfektionsmitteln ausgestattet.“
Beruflich ist Rudi Griesser also weiterhin viel unterwegs, privat sieht es ganz anders aus. Normalerweise geht er oft an die frische Luft. „Radfahren, laufen, wandern, im Sommer auch schwimmen und andere Ausflüge“, zählt der Feldkircher seine Freizeitaktivitäten auf. „Leider ist es momentan nicht möglich. Wir hoffen ja alle, dass wir durch diese Maßnahmen bald wieder zur Normalität kommen.“ Dass dies rasch geschieht, glaubt er aber nicht. Der Feldkircher befürchtet, dass er seinen Geburtstag am 30. April nicht mit vielen Freunden feiern kann. „Wir müssen uns eben vorsichtig verhalten, damit die ganze Sache nicht von Neuem beginnt“, ist er einsichtig. Und die Situation habe auch etwas Gutes: „Der Zusammenhalt wird spürbar besser, man schaut wieder mehr aufeinander.“ VN-MIP
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