Nicht nur die Gartenzwerge trotzen der Coronakrise

Drei Wochen Ausnahmezustand liegen hinter uns. Die VN waren in Bildstein und fingen die Stimmung in der Bevölkerung ein.
Bildstein Jedes Jahr im Frühling stellen die Brunners zur Freude vieler Menschen ihre Zwerge im Garten auf. Das ist seit 38 Jahren so. Damals, im Jahr 1982, begann Karl (78) Zwerge zu sammeln. Vor zwei Wochen hat seine Frau Maria (76) 200 Stück im Garten platziert. Dieses Stück Normalität wollten sich die Brunners auch in der Corona-Zeit nicht nehmen lassen. Umringt von ihren Zwergen sitzen sie im Garten und genießen den schönen Frühlingstag. „Wir können wenigstens hinaus ins Freie. Das ist wertvoll in einer Zeit wie dieser“, finden sie. Das Pensionisten-Ehepaar freut sich schon auf die Zeit nach Corona. „Dann kann ich wieder Frühschoppen gehen“, geht Karl der sonntägliche Gasthausbesuch ab. Seine Frau hingegen vermisst die Besuche im Dornbirner Hallenbad. „Es fehlt mir, dass ich nicht mehr Schwimmen gehen kann.“ Aber heute wird Maria noch in das örtliche Lebensmittelgeschäft einkaufen gehen. „Dort kann ich wenigstens ein Schwätzchen halten.“
„Ich werde künftig kürzertreten und mir selbst mehr Zeit gönnen.“
Hans-Peter Tauber, Ochsenwirt
Der kleine Tante-Emma-Laden wird seit 22 Jahren von Hans-Peter Tauber (54) betrieben, dem Wirt des Gasthauses Ochsen. „Das Lädele erlebt derzeit einen ungeahnten Boom“, freut sich Tauber, dass die Bildsteiner die örtliche Einkaufsmöglichkeit jetzt besonders schätzen. Als Gastwirt und Betreiber des Pfarr- und Pilgersaals hingegen ist er mit massiven Umsatzeinbußen konfrontiert. „Wir haben in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet. Deshalb bedeutet die Corona-Krise nicht unseren Ruin“, ist er froh, dass er genug Rücklagen hat, um die Krise durchstehen zu können.
Endlich Zeit zum Nachdenken
Dennoch hat die Pandemie sein Leben über Nacht verändert. „Ich habe 22 Jahre lang Tag und Nacht gearbeitet. Plötzlich hatte ich kaum noch Arbeit. Es war eine Reduktion von 180 auf quasi null Prozent.“ Dass ist neu für ihn, dass er Zeit zum Nachdenken hat. Seine Einstellung zur Arbeit ist jetzt eine andere. „Ich werde künftig kürzertreten und mir selbst mehr Zeit gönnen“. Der 54-Jährige hofft, dass er gesund bleibt und seinen großen Traum noch verwirklichen kann. „Ich würde gerne eine Familie gründen und in der Basilika Maria Bildstein heiraten.“

In diese Wallfahrtskirche zieht es derzeit besonders viele Menschen. „Es ist mehr los als sonst, vor allem vom Land unten kommen viele“, hat Kirchendienerin Isabella Nenning (51) bemerkt. Sie erklärt sich das so: „Das Bedürfnis nach Hilfe und Schutz von oben ist jetzt besonders groß.“ Deshalb überrascht es sie nicht, dass viele Kerzen angezündet werden. Aufgefallen ist ihr auch, dass die Menschen freundlicher zu ihr sind. „Man wird mehr als Mensch wahrgenommen. Auch die Arbeit, die man macht, wird mehr gesehen.“
Burnout vor zwei Jahren
Nenning selbst verkraftet die Corona-Krise gut. „Ich bin keine, die täglich shoppen geht. Ich koche gern und gehe oft in den Garten. Wir in Bildstein sind ja privilegiert. Wir haben die Natur vor der Haustür.“ Heute geht es der Kirchenpflegerin gut, trotz Corona. Vor zwei Jahren aber sah das noch ganz anders aus. Damals schlitterte die Frau, die 30 Jahre im Gastgewerbe und zwei Jahre in einem Altersheim gearbeitet hatte, in eine persönliche Krise. „Ich hatte ein Burnout.“ Dass sie daraus wieder herauskam verdankt sie unter anderem dem örtlichen Pfarrer. Paul Burtscher (65) gab ihr eine Chance und stellte sie vor einem Jahr als Mesnerin an.

Der Geistliche steht der Pfarre seit zwölf Jahren vor. So eine Situation wie jetzt hat er noch nie erlebt. „Es ist ungewöhnlich, wenn man keine Termine und keine Gottesdienste hat.“ Aber er kann der terminfreien Zeit auch Gutes abgewinnen. „Irgendwie ist es auch Erholung. Ich fühle eine große Freiheit in mir.“ Jetzt habe er mehr Zeit fürs Gebet, in das er alle, die er kenne, einschließe. „Ich bin mit dem Herzen bei den Menschen.“ Übers Telefon erfährt er, was ihre Sorgen und Nöte sind. Ein Telefonat mit einer 95-jährigen Frau, die im Sterben lag, beschäftigt ihn heute noch, Tage danach. „Die Frau hat mich immer sehr geschätzt. Sie wollte meinen Segen. Am nächsten Tag ging es ihr auffallend besser. Die Angehörigen empfanden es als Wunder. Die Frau lebt übrigens immer noch. Für mich ist das eine Bestätigung dafür, dass Gott allzeit gegenwärtig ist. Und dass man seine Güte erfahren kann, wenn man auf sie vertraut.“ Dass derzeit zwischenmenschlich so viel Gutes passiert, schreibt er auch Gott zu. „Er selbst wirkt mit seinem Geist in diesen Menschen.“
