Arbeitnehmerschutz im Zeichen der Pandemie

Vorarlberg / 01.05.2020 • 07:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Arbeitnehmerschutz im Zeichen der Pandemie
Heuer gibt es keinen Maiaufmarsch. Das Thema ist aber aktuell. APA

Der 1. Mai rückt Arbeitnehmerrechte während der Krisenbekämpfung in den Fokus.

Schwarzach Der 1. Mai ist nicht nur Österreichs Staatsfeiertag. Schon weitaus länger wird an diesem Tag für Arbeiterrechte gekämpft. Heuer allerdings nicht in der Öffentlichkeit. Demonstrationen und Veranstaltungen sind verboten. Dennoch nützen Arbeitnehmervertreter gerade in Zeiten wie diesen den 1. Mai, um vor einem Rückbau der Arbeitnehmerrechte zu warnen.

SPÖ-Chef Martin Staudinger im Video-Interview mit VN-Redakteur Michael Prock

Kurzarbeit, Kündigungen, geplante Deregulierungen – welchen Platz haben Arbeitnehmerrechte in Zeiten der Krisenbekämpfung? Vorarlbergs SPÖ-Chef Martin Staudinger lobt zunächst die Kurzarbeit, mit der viele ihren Job behalten konnten. Er fragt aber: „Wie geht es danach weiter?“ Viele Beschäftigte haben ihren Job verloren. Staudinger hofft, dass sie rasch wieder angestellt werden, wenn die Krise abflaut. Beim Arbeitnehmerschutz baut er auf seine Partei im Nationalrat. „Und auf eine starke Gewerkschaft und die Sozialpartnerschaft insgesamt“, fügt er an.

Die Arbeiterkammer sieht in den Handyapps wie jenes der Industriellenvereinigung eine drohende Gefahr, wie Vorarlbergs Kammerdirektor Rainer Keckeis erläutert. „Die Vorteile der Digitalisierung sind unbestritten, aber wir müssen aufpassen, dass keine elektronischen Kontrollsysteme eingeführt werden, um die Arbeitnehmer total zu überwachen.“ Er höre auch, dass in einzelnen Firmen versucht werde, unter dem Druck der Pandemie Dinge einzuführen, die danach bleiben. Und das ohne Betriebsvereinbarung. „Ganz sensibel ist es, wenn Arbeitnehmer ihren Arbeitgebern Gesundheitsinformationen offenlegen sollen.“

Deregulierung

Bei der Wirtschaftskammer ortet man andere Probleme: “Gerade in einer Krise ist es für die Unternehmen zwingen notwendig, schnell zu reagieren”, betont Kammerdirektor Christoph Jenny. Manche Bestimmungen stünden dem entgegen. “Ein Beispiel ist das Frühwarnsystem für eine in solchen Situationen häufig unvermeidbare Kündigung. Dabei müssen Betriebe formale Kriterien einhalten, die in der Krise nicht einhaltbar sind.” Auch bei der Kurzarbeit gebe es noch viele Herausforderungen in der Abwicklung. “Notwendig wären klare gesetzliche Rahmenbedingungen”, fordert Jenny. Für die Phase, in der die Wirtschaft wieder hochgefahren wird, hofft er auf flexible Regeln, zum Beispiel bei der Arbeitszeit, die innerbetrieblich geregelt werden.

Während manche zur Untätigkeit verdammt sind, arbeiten andere ohne Unterbrechung weiter. „Menschen, die vom ersten Tag an an der Kasse stehen mussten und Regale einräumten, in den ersten Wochen keinerlei Schutzmaßnahmen hatten und der Gefährdung voll ausgesetzt waren, das sind die Heldinnen des Alltags, die wahren Leistungsträger. Das gilt auch für viele andere Berufe“, ist SPÖ-Chef Staudinger überzeugt. Er unterstützt die ÖGB-Forderung nach einem Coronatausender für diese Berufsgruppen. „Und sie verdienen es, mehr zu verdienen.“ Auch die Arbeiterkammer stellt diese Forderung auf. „Bei den Mindestlöhnen in den systemerhaltenden Branchen haben wir Handlungsbedarf. Also zum Beispiel in der Pfelge, in den Sozial- und Betreuungsberufen und im Lebensmittelhandel.“ Die AK fordert mindestens 1700 Euro netto pro Monat. „Das sind zehn Euro pro Stunde“, rechnet Keckeis vor.

Christoph Jenny von der Wirtschaftskammer möchte es den Unternehmen überlassen. “Die in der Coronakrise geschaffene Möglichkeit der steuerfreien Auszahlung einer Prämie von bis zu 3000 Euro für außerordentliche Leistungen ist dabei in positiver Anreiz”, ist er überzeugt.

Text: Birgit Entner-Gerhold, Michael Prock

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