Corona bremste Gleichstellung aus

Traditionelle Rollenbilder traten wieder verstärkt auf.
Bregenz Die Coronakrise hat der Gleichstellung immensen Schaden zugefügt. „Wir wurden um Jahre zurückgeworfen“, zog Frauenlandesrätin Katharina Wiesflecker bei einer Pressekonferenz bedauernd Bilanz. Als ernüchternd und alarmierend beschrieb sie die Erkenntnisse, die Corona aus frauenpolitischer Perspektive hinterlassen hat. Alte Muster und Rollenverteilungen brachen sich wieder Bahn. Der Mann verdiente das Geld, die Frau hatte Kinder, Haushalt und oft noch Teilzeitjob unter einen Hut zu bringen. Alles weit weg von partnerschaftlichen Rollenteilung, wie Wiesflecker konstatierte.
Großer Unterstützungsbedarf
Laut einer Soros-Studie vom April 2020 war mehr als die Hälfte der Mütter stark belastet, 75 Prozent der Alleinerziehenden fühlten sich überhaupt alleingelassen. Katharina Wiesflecker befürchtet, dass Frauen langfristig gesehen auch auf dem angespannten Arbeitsmarkt die Verliererinnen bleiben könnten. Der in Arbeit befindliche Gleichstellungsbericht 2021 soll deshalb mit konkreten Schwerpunktsetzungen erweitert werden. Das Thema Existenzsicherung rückt in den Fokus. Dazu ist eine repräsentative Erhebung unter den Vorarlbergerinnen vorgesehen. Auch die Erfahrungen aus Corona sollen in den Bericht einfließen.
Die Frauenlandesrätin kann die Situation zum Teil nachvollziehen: „In Krisenzeiten greift man schnell auf bewährte Muster zurück, weil sie Sicherheit vermitteln.“ Den Bemühungen um mehr Gleichstellung, die auch ohne Corona kaum vom Fleck kommen, hat diese menschliche Einstellung allerdings nicht gutgetan. „Geschlechterrollen von Frauen und Männern sind jedoch gestalt- und wandelbar“, brachte Lea Putz-Erath, Geschäftsführerin des Fraueninformationszentrums femail, einen positiven Aspekt ein. Mit dem Projekt „Partnerschaftliche Rollenteilung“ will das femail einen Beitrag leisten. Auch Putz-Erath verwies auf den Druck, unter den Frauen während der Coronakrise geraten sind. Der Bedarf an Unterstützung sei stark gestiegen. Das femail reagierte darauf mit telefonischer und Video-Beratung.
Frauen individuell stärken
Der vorgestellte Jahresbericht 2019 unterstreicht mit konstant hohen Leistungszahlen ebenfalls die Notwendigkeit von Hilfe. Insgesamt 3545 Kontakte weist die Statistik aus, davon waren 1556 Einzelkontakte. Fast 40 Prozent der Kundinnen sind zwischen 36 und 49 Jahre alt. Das Hauptthema waren Beziehungsprobleme. „Frauen individuell zu stärken ist ein aktiver Beitrag zur Geschlechtergerechtigkeit“, betonte Putz-Erath, um noch zu ergänzen: „Gleichstellung müssen aber viele umsetzen.“ Katharina Wiesflecker verwies zudem auf das Frauennetzwerk und seine Bedeutung auf regionaler Ebene. Bis 2025 erhält das Frauennetzwerk aus Landesmitteln 126.500 Euro. Auch für die anderen in der Mädchen- und Frauenarbeit tätigen Einrichtungen ist die Finanzierung laut Wiesflecker gesichert.
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