Künstler Flatz: Wie er sich ins Leben zurückgekämpft hat

Der Vorarlberger Künstler Wolfgang Flatz überlebte im Jahr 2012 nur knapp einen Verkehrsunfall.
Dornbirn/München Der 24. Mai 2012 war für Wolfgang Flatz (67) ein verhängnisvoller Tag. Dass der Künstler an diesem Tag nicht gestorben ist, grenzt an ein Wunder. Dabei hatte der Tag gut für ihn begonnen. „Ein Geschäftstermin verlief hervorragend.“ Auf dem Weg zurück ins Atelier passierte der folgenschwere Unfall.
Nachdem die Ampel auf Grün geschaltet hatte, überquerte Flatz einen Fußgängerübergang in seiner Wahlheimat München. Der Vorarlberger erinnert sich noch genau an den Unfallhergang. „Ich sah ein Auto auf mich zurasen und erkannte, dass es für mich keine Chance gab.“ Der Pkw erfasste den Fußgänger frontal. Die Wucht des Aufpralls war enorm. „Ich wurde 28 Meter durch die Luft geschleudert.“ Das Unfallopfer blieb bei Bewusstsein und sah, wie das Blut aus seinem Oberschenkel in einer hohen Fontäne hinaufschoss. „Instinktiv wusste ich, dass es um mein Leben geht.“ Die ersten Gedanken, die ihm durch den Kopf schossen, waren: „Ich möchte nicht sterben. Ich möchte mein Kind aufwachsen sehen.“ Das motivierte ihn, um sein Überleben zu kämpfen.
33 Brüche diagnostiziert
Dass der Vater eines damals achtjährigen Sohnes nicht auf der Straße verblutete, verdankt er einem Rettungsauto, das zufällig in unmittelbarer Nähe des Unfallortes war. Die Erstversorgung durch den Notarzt rettete ihm das Leben. „Er hat mich stabilisiert und vor Ort eine Viertelstunde lang behandelt.“
Im Spital wurde das lebensgefährlich verletzte Unfallopfer sofort notoperiert. „Die Beinschlagader war aufgerissen, das linke Augenlid zerquetscht.“ Außerdem wies sein Körper zahlreiche Brüche auf. „Die Ärzte diagnostizierten 33! Nur am Kopf und am Hals hatte ich keine Frakturen. So viele Brüche führen oft zu multiplem Organversagen.“
„Es dauerte ein Jahr, bis ich auf Krücken gehen konnte.“
Wolfgang Flatz, Unfallopfer
Als Flatz nach der mehrstündigen Not-OP aufwachte, wusste er nicht, was los war. „Ich konnte denken und reden, aber mich nicht bewegen. Ich war ans Bett gefesselt.“ Wegen der vielen Brüche musste er in der Folge jeden dritten Tag operiert werden. „Insgesamt waren zehn Eingriffe nötig.“ Der Künstler wusste anfangs nicht, ob er je wieder gehen wird können. „Es dauerte ein Jahr, bis ich auf Krücken gehen konnte“.
Nie mit Schicksal gehadert
Nach acht Monaten wurde der gebürtige Dornbirner aus dem Krankenhaus entlassen. Die Ärzte waren erstaunt, dass die Genesung so schnell vorangeschritten war. „Sie sprachen von einer außergewöhnlich schnellen Heilung.“ Flatz selbst führt das auf seine positive Einstellung zurück. „Ich habe nicht mit dem Schicksal gehadert und gejammert, sondern die Situation angenommen und sie gestaltet.“ Bereits am vierten Tag nach dem Unfall begann der Kunstschaffende vom Spital aus zu arbeiten. „Ich ließ meine Assistenten zu mir kommen. Das Krankenzimmer sah bald wie ein Atelier aus.“

Unter den Folgen des Unfalls leidet der 67-Jährige aber heute noch. „Ich spüre bei jedem Schritt mein Knie.“ Das schmälert aber nicht seine Dankbarkeit dem Leben gegenüber. Denn dass er eine zweite Chance bekommen hat, sieht er nicht als selbstverständlich an. Überhaupt ist er seit diesem Schicksalsschlag ein anderer. „Ich bin dankbarer und demütiger geworden, sanfter, warmherziger und als Künstler nahbarer.“ Der Unfall hat ihm nicht nur gezeigt, wie verletzlich und endlich wir Menschen sind und wie schnell alles vorbei sein kann. Er hat ihm auch deutlich gemacht, was im Leben wirklich zählt, nämlich Menschlichkeit. „Das Wichtigste in meinem Leben ist nicht das Künstlerische, sondern mein Sohn Norton. Das Leben steht immer vor allem anderen.“