S-Bahn FL.A.CH krachend gescheitert

Liechtensteiner beerdigen bei Volksabstimmung das S-Bahn-Projekt. ÖBB und Landesrat enttäuscht.
Vaduz Es hätte die neue Verbindung für Grenzgänger werden sollen. Statt staugeplagt hätte es mit dem Zug nach Liechtenstein und in die Schweiz gehen sollen, ermöglicht durch einen zweigleisigen Ausbau, einen neuen Bahnhof und einen dichteren Takt. FL.A.CH, das später S-Bahn-Liechtenstein genannt wurde, hätte Tausende Pendler von der Straße auf die Schiene bringen sollen. So stand es auf dem Papier. Und auf dem Papier wird es bleiben. Nachdem jahrelang verhandelt wurde, stimmten am Sonntag die Liechtensteiner gegen den Vorschlag zur finanziellen Beteiligung des Fürstentums. Damit ist die S-Bahn Geschichte, bevor sie gebaut wurde.
Landesrat Johannes Rauch (Grüne) war einer der größten Befürworter des Projekts. Dementsprechend geknickt ist er in einer ersten Stellungnahme nach dem Abstimmungsergebnis: „Es war klar, dass es ein knappes Ergebnis wird. Aber in dieser Deutlichkeit war es nicht zu erwarten. Wir haben keine Ahnung, wie es jetzt weiter geht, das muss man erst einmal sickern lassen. Es braucht Gespräche mit der Schweiz und dem Bund, wie es weitergeht.“
Ohne Partner nicht möglich
Die Auswirkungen auf den Grenzverkehr seien nicht einschätzbar. „Es gibt keinen Plan B. Das ist die einzige Bahnstrecke, und sie führt über Liechtensteiner Territorium“, fährt der Landesrat fort. „Es wird nicht so sein, dass die Republik Österreich 100 Prozent des Projektes finanzieren wird.“ In der Form sei das Projekt nun abgelehnt. „Das wars.“ Nun brauche es einen Neustart, betont Rauch. „Wie es weitergeht, werden wir in den nächsten Wochen beratschlagen.“
Auch in Wien wird die Entscheidung bedauert. “Der Ausbau ist kein Selbstzweck, sondern ein Projekt für Generationen, gerade in Zeiten des Klimawandels”, erklären die ÖBB auf VN-Anfrage. “Wir hätten sehr gerne unseren Beitrag dazu geleistet, um Liechtenstein ein Stück weit auch zu einem modernen Bahnland zu machen.” Nun müsse die Situation neu beurteilt werden. “Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten zahlreiche Gespräche mit unseren Partnern führen. Die S-Bahn-Liechtenstein ist ein Projekt, das wir nur gemeinsam mit dem Fürstentum umsetzen können, wir sind hier Partner. Wenn einer der Partner nicht mitgeht, wird es den Ausbau in der geplanten Form nicht geben können.”
Hohe Beteiligung
Der Neos-Landtagsabgeordnete Garry Thür, im Brotberuf CTO der Rhomberg-Sails-Group International und damit ein Bahnexperte, bedauert die Ablehnung ebenfalls: “Das ist eine große Niederlage für den nachhaltigen regionalen Nahverkehr.” Das Projekt dürfe aber nicht für tot erklärt werden. “Das wäre zu einfach. Landesrat Johannes Rauch und auch die Grünen müssen sich hinterfragen und bessere Strategien entwickeln”, fordert er. Es dürfe nur heißen: Zurück an den Verhandlungstisch.
Das Ergebnis lässt keinen Spielraum. 10.382 Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner lehnten die S-Bahn ab, 6274 stimmte dafür. Das bedeutet eine Ablehnung von 62,3 Prozent. Die Bürger aller Gemeinden stimmten gegen den Ausbau, selbst jene, die laut Befürworter eigentlich davon profitieren würden. 83,5 Prozent aller Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner haben an der Abstimmung teilgenommen. 97 Prozent aller Stimmen wurden per Briefwahl abgegeben.
Dreimal Nein
Auch der zuständige Liechtensteiner Verkehrslandesrat Daniel Risch bedauert im Gespräch mit dem Liechtensteiner Volksblatt das Ergebnis. “Wenn man so ein deutliches Resultat erhält, kann man davon ausgehen, dass die Stimmung für das Projekt von Grund auf negativ war.” Die ÖBB hätten auf der Strecke dennoch Arbeit, nur ohne Doppelspurausbau. Harry Quaderer von der Partei “DU” und Wortführer des Nein-Lagers, freute sich. Er fordert Daniel Risch auf: “Er soll sofort einen Zug nach Wien nehmen und mit dem Nein im Rucksack neu verhandeln.”
Die Liechtensteiner stimmten an diesem Tag dreimal mit Nein. Nicht nur FL.A.CH wurde klar abgelehnt. Die Initiative zur doppelten Staatsbürgerschaft scheiterte mit 61,5 Prozent zu 38,5 Prozent. Eine deutlichere Abfuhr setzte es für die Initiative „HalbeHalbe“ für mehr Gleichstellung von Frauen und Männern. Da stimmten 21,3 Prozent dafür, 78,8 Prozent dagegen.
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