Kein Asyl für Soner Ö.

Viele Entscheidungen offen: Abgelehnter Asylantrag und das lebenslange Urteil vor den Höchstgerichten.
Schwarzach Es war ein Asylantrag, mit dem alles begann. Mithilfe des Antrags durfte Soner Ö. Anfang 2019 österreichischen Boden betreten. Wie es weiterging, ist bekannt: Wenige Wochen danach marschierte er in die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn und erstach den Leiter der Sozialabteilung. Anfang des Jahres 2020 wurde er deshalb wegen Mordes verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Fall liegt derzeit vor dem Obersten Gerichtshof (OGH). Der Verfassungsgerichtshof hat indes eine Beschwerde gegen die Geschworenengerichtsbarkeit zurückgewiesen, wie Soner Ö.s Anwalt Stefan Harg den VN erklärt. Eine Folgebeschwerde sei eingereicht worden. Eine andere Institution hat bereits vor einem Jahr eine Entscheidung getroffen: Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) lehnte den Asylantrag von Soner Ö. ab. Könnte das Folgen für die Haft haben?
Abschiebung trotz Haft?
Der negative Asylbescheid ist nicht rechtskräftig. Soner Ö. hat beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde eingelegt. Sollten das Urteil und der Bescheid rechtskräftig werden, könnte Soner Ö. in die Türkei abgeschoben werden. Rechtlich ist das möglich, erklärt eine Pressesprecherin des Justizministeriums. Dafür sind zwei Abkommen nötig, die beide von der Türkei ratifiziert wurden. “Darin ist geregelt, dass eine verurteilte Person grundsätzlich in den Vollstreckungsstaat überstellt werden kann, wenn der Vertragsstaat dem Vorgehen zustimmt.” Das wäre jeweils die Türkei. Die betroffene Person müsse nicht zustimmen. Anders sieht es Soner Ö.s Anwalt Stefan Harg. Er geht davon aus, dass er auch im besten Fall zehn Jahre in österreichischer Haft sitzen wird. “Es gibt erst die Möglichkeit, nach der Hälfte der Haftstrafe jemanden abzuschieben”, fährt Harg fort.
Dass ein Häftling während seiner Strafe einen negativen Asylbescheid erhält, komme öfter vor, erläutert Asylrechtsexperte Georg Bürstmayr. Bei einer Abschiebung müsse eine menschenwürdige Haft gewährleistet werden und die Strafe adäquat sein. Sie darf also nicht wesentlich niedriger ausfallen. “Das wäre dann ja eine Privilegierung.”
Warten auf Entscheidungen
Soner Ö. kam 1985 in Vorarlberg auf die Welt, blieb aber türkischer Staatsbürger. Nach mehreren Verurteilungen wurde er 2008 mit einem Aufenthaltsverbot abgeschoben. Im Jänner 2019 suchte er in Österreich um Asyl an. Er gab an, im syrischen Bürgerkrieg Menschen getötet zu haben. Trotzdem durfte er das Erstaufnahmezentrum Thalham verlassen und nach Vorarlberg reisen. Hätte Soner Ö. festgehalten werden können? Innenminister Karl Nehammer erklärte im Februar dieses Jahres, noch einmal alle Berichte zu prüfen. Die bisherigen Prüfungen des Falles sowohl des BFA als auch des Ministeriums hätten zwar ergeben, dass richtig gehandelt wurde, erklärt ein Ministeriumssprecher nun den VN. Aber: “Eine vollständige Bewertung kann erst nach Abschluss des Asylverfahrens der nachfolgenden Instanz vorgenommen werden.”
Stefan Harg vermutet, dass sich auch das Bundesverwaltungsgericht Zeit lässt und auf die Entscheidung des OGH wartet.
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