Kleinwalsertal nach Reisewarnung erneut in der Sackgasse

Vorarlberg / 24.09.2020 • 18:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Kleinwalsertal nach Reisewarnung erneut in der Sackgasse
Die Reisewarnung dokumentiert das Dilemma des Kleinwalsertals. Erneut stecken die Einwohner in der Sackgasse, es droht ein touristischer Totalausfall. VN/STEURER

Warnung mit verheerenden Folgen. Im Tal macht sich Ärger über leere Versprechen der Politik breit.

Mittelberg Die deutsche Reisewarnung für Vorarlberg rückt das Kleinwalsertal erneut in den Fokus. Wie schon bei den Grenzschließungen zum Höhepunkt der Coronapandemie im Frühjahr trifft es die Talschaft jetzt besonders hart. „Es ist die gleiche Hiobsbotschaft wie damals“, sagt Roman Schuster (57), Sprecher der Vermietungs- und Beherbergungsbetriebe. Wieder seien die Betriebe auf sich selbst gestellt, weil es noch immer keine Lösung für die Enklave gebe. Das Kleinwalsertal steckt erneut sprichwörtlich in der Sackgasse.

Der Tourismus ist die Lebensader der Talschaft, die ausschließlich über deutschen Boden erreichbar ist. Andere Einnahmequellen gibt es kaum. Im Vorjahr wurden 1,8 Millionen Nächtigungen gezählt, gut 80 Prozent gingen auf das Konto deutscher Gäste. Sie beleben auch Gastronomie und Handel. Die Abhängigkeit vom direkten Nachbarn ist deutlich höher als im restlichen Vorarlberg, wo deutsche Urlauber etwa 54 Prozent der Nächtigungen ausmachen. Die aktuelle Reisewarnung hat verheerende Folgen. „Seit Mittwochabend hagelt es Stornierungen“, beschreibt Schuster die Situation im Tourismusamt und sorgt sich um die Fortsetzung der Saison. Die Buchungslage sei nach einem erfolgreichen Sommer bis 8. November sehr gut gewesen. Auch die Bergbahnen wollten bis dahin verlängern. Jetzt könnten erste Betriebe wohl schon nach diesem Wochenende zusperren.

Von Politik enttäuscht

Das Kleinwalsertal wurde mit der Coronapandemie zum Symbol der eingeschränkten Reisefreiheit. Kanzler Sebastian Kurz und Landeshauptmann Markus Wallner statteten dem Tal, begleitet von einem Medientross, Mitte Mai einen Besuch ab.

13. Mai 2020: Kanzler, Landeshauptmann und Staatssekretär zu Besuch im Kleinwalsertal. Der Vorsitzende der Tourismusfachgruppe, Roman Schuster, kritisiert, dass Versprechen von damals nicht umgesetzt wurden. Wieder sei man auf sich selbst angewiesen. <span class="copyright">VN/Steurer</span>
13. Mai 2020: Kanzler, Landeshauptmann und Staatssekretär zu Besuch im Kleinwalsertal. Der Vorsitzende der Tourismusfachgruppe, Roman Schuster, kritisiert, dass Versprechen von damals nicht umgesetzt wurden. Wieder sei man auf sich selbst angewiesen. VN/Steurer

„Uns wurde eine Lösung versprochen. Es hieß, so eine Situation dürfe nicht wieder vorkommen“, ärgert sich Roman Schuster. Keine fünf Monate später stehe man vor genau derselben Situation, sieht er die Verantwortung in der Landes- und Bundespolitik. Im Tal macht sich Unmut über die leeren Versprechungen breit, man fühle sich wieder im Stich gelassen.

Dabei hat es zuletzt Bewegung in der Sache gegeben, wie der Mittelberger Bürgermeister Adi Haid im VN-Gespräch sagt. So sollte es am 2. Oktober ein Treffen im Tal mit allen Beteiligten geben. Haid hält auch weiter daran fest, unabhängig von der Reisewarnung, die nun vor einer möglichen Lösung für das Tal für große Verunsicherung sorgt.

Derzeit ein Coronafall im Tal

Die Reisewarnung trifft die Menschen auch deshalb hart, weil man selbst sehr diszipliniert gewesen sei, sagt Bürgermeister Andi Haid. Drei Coronafälle habe es insgesamt nur gegeben, derzeit sei eine Person aktiv erkrankt. „Die Testungen der Kontaktpersonen sind alle negativ verlaufen“, beschreibt der Ortschef die aktuelle Corona-Lage im Tal.

Die Folgen der Reisewarnung wirft viele Fragen auf. Auch zum Einkaufen dürfen Kleinwalsertaler nach derzeitigem Stand nicht nach Deutschland. Viele Güter sind aber vor Ort nicht erhältlich. Auch das dokumentiert das Dilemma des Tals. Es brauche eine Sonderlösung. Abstimmungen dazu seien mit dem Landratsamt Oberallgäu im Gange, so Haid weiter.

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