“Ich möchte nicht noch einmal geächtet werden”

Vorarlberg / 25.09.2020 • 11:00 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
"Ich möchte nicht noch einmal geächtet werden"

Eine Frau machte eine Corona-Erkrankung durch. Schlimmer als die Krankheit empfand sie die gesellschaftliche Ausgrenzung.

Schwarzach Sie gehörte zu den ersten Coronaopfern im Land. Die Erkrankung verlief bei Petra (Name geändert) relativ mild: Kopfschmerzen, Schwindel und Husten plagten sie ein paar Tage lang. Aber einige Menschen in ihrer Umgebung hatten große Angst vor einer Ansteckung.

„Ein Nachbar reiste mit seiner Familie für ein paar Tage weg, weil er nicht wollte, dass mein Kind mit seinem Kind in Kontakt kommt.“ Eine besorgte Mutter, deren Kind mit Petras Kind in den Kindergarten geht, rief die Kranke empört an und warf ihr vor, dass sie sich nicht richtig bzw. unverantwortlich verhalten habe und sie deswegen coronakrank geworden sei. Vermeintliche Freunde ließen nichts mehr von sich hören. „Sie fragten nicht einmal, wie es mir geht.“ Dafür riefen einige Menschen bei Petra an, die ihr nicht nahestehen und erkundigten sich voller Mitgefühl nach ihrem Befinden.

Petra schämte sich für ihre Krankheit. „Ich bin wochenlang nicht außer Haus gegangen. Denn ich wollte nicht, dass man mich sieht.“ Erst nach fünf Wochen traute sie sich wieder einkaufen zu gehen. Sie ging aber nicht in den Supermarkt in ihrem Heimatort, sondern in das Lebensmittelgeschäft im Nachbarort. Im Dorf selbst sprach sie niemand an. „Aber über Dritte bekam ich mit, dass man nicht gut über mich sprach.“ Petra fiel auch auf, dass ihr auf der Straße manche “blöd” nachschauten. „Als ob sie überrascht gewesen wären, dass ich wieder raus darf.“ Die Vorarlbergerin fühlte sich wegen ihrer Krankheit geächtet. Ein Arztbesuch, zehn Wochen nach dem Auftreten der ersten Symptome, verstärkte dieses Gefühl. „Der Doktor traute sich kaum, mich anzufassen und mir Blut abzunehmen.“

Petra möchte kein zweites Mal an Covid-19 erkranken. Die Krankheit selbst setzte ihr weniger zu als die gesellschaftliche Ausgrenzung. „Ich möchte nicht noch einmal geächtet werden. Es war, als ob ich die Pest gehabt hätte.“  

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