Bayern bremst bei Lösung fürs Kleinwalsertal

Landeshauptmann Wallner spricht von „ignoranter Haltung“ gegenüber der Enklave.
Salzburg In der ARGE-Alp herrscht gewöhnlich Einstimmigkeit. Die braucht es für gemeinsame Resolutionen. Eine solche hätte es beim Treffen am Mittwoch (30. September) der zehn Regierungschefs in Salzburg auch in Grenzfragen geben sollen. Gefordert waren etwa einheitliche Kriterien für Covid-19-Reisewarnungen, die für viele der betroffenen Alpenländer eine wirtschaftliche Existenzfrage darstellen. Zu einem gemeinsamen Beschluss kam es nicht: Bayern legte sich quer.
Auch in der Frage einer Sonderlösung für das Kleinwalsertal bremst der Freistaat. Landeshauptmann Markus Wallner (53, VP) hatte das Thema auf die Tagesordnung gesetzt und eine Ausnahmeregelung für die Enklave eingefordert. „Wir brauchen hier Bewegung auf bayerischer Seite“, erklärte er später im Gespräch mit den VN und ergänzte: „Die Bereitschaft für eine rasche Lösung ist nicht über Gebühr vorhanden, so mein Eindruck“. Man werde aber weiter Druck machen und Ausnahmen einfordern. Es brauche jetzt keine Scheingespräche, sondern brauchbare Regelungen für die Menschen im Tal. Bayern verhalte sich den Kleinwalsertalern gegenüber ignorant, fand er deutliche Worte.
“Es braucht jetzt keine Scheingespräche, sondern eine brauchbare Lösung.“
Landeshauptmann Markus Wallner
Die deutsche Reisewarnung mit der zeitgleich in Kraft getretenen bayerischen Quarantäneverordnung trifft das Land hart. Der Tourismus in ganz Vorarlberg ist auf die Probe gestellt, die Wintersaison gefährdet. Unklar ist, wie lange sie aufrecht bleibt. Während sich Gesundheitsminister Rudolf Anschober (59, Grüne) gestern zuversichtlich zeigte, dass Tirol und Vorarlberg in naher Zukunft wieder von der Liste deutscher Reisewarnungen gestrichen werden könnten, gab sich Landeshauptmann Wallner zurückhaltender. Zum einen müssten die Fallzahlen weiter nach unten, gleichzeitig würde auf allen Ebenen versucht, auf eine Änderung des Status einzuwirken. Das geschehe jetzt auch wöchentlich über die österreichische Botschaft in Berlin, die eine direkte Verbindung zum Robert-Koch-Institut (RKI) habe, so Wallner.
Ungewissheit bleibt
Eine Ungewissheit bleibt, ob Grenzen sich wieder schließen könnten, vor allem nach Deutschland. Zwar wird das von allen Beteiligten als unwahrscheinlich bezeichnet, ganz ausschließen würde er das aber nicht. „Wir haben schon einmal erlebt, wie schnell das gehen kann“, so der Landeshauptmann mit Blick auf den März.
Planungssicherheit gibt es hingegen zur Schweiz. Dort haben die Nachbarkantone festgelegt, dass es zu keinen Grenzschließungen mehr kommen werde. Wallner bezeichnet dies als „großen Schritt“, weil die Regelung auch gesetzlich festgeschrieben sei. Auch auf anderen Ebenen gab es unter den ARGE-Alp-Ländern Einigkeit. „Wir werden die Zusammenarbeit in der Pandemiebekämpfung verstärken“. Konkret geht es etwa um medizinisches Material bei Engpässen oder die Aufnahme von Patienten.
Lockerungen bei Einkaufsfahrten ins Allgäu
Während es in den für das Kleinwalsertal existenziellen Fragen kaum Bewegung gibt, hat das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit gestern Lockerungen bei Einkaufsfahrten beschlossen. Demnach ist die Einreise vom Kleinwalsertal nach Bayern für die Versorgung mit Lebensmittel sowie Waren und Dienstleistungen wieder möglich, heißt es Seitens der Behörde. Die Talbewohner dürfen auch wieder Fachwerkstätten im Allgäu besuchen. Freie Fahrt bedeutet die Lockerung allerdings nicht: Fahrten zum Besuch von Gaststätten oder für Freizeitaktivitäten bleiben ausdrücklich untersagt.
Unterdessen haben rund 9000 Menschen eine Petition unterschrieben, die einen Sonderstatus für das Tal mit Anerkennung der Regelungen im Bayerischen Wirtschaftsraum fordern.
Auch in der Bundespolitik ist das Kleinwalsertal wieder angekommen. Das Tal werde bereits zum zweiten Mal das Opfer des schwarz-grünen Corona-Desasters, schimpft FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl (51). „Die Bewohner, die Wirtschaftsreibenden und Arbeitnehmer erleben gerade wieder eine Art Lockdown“, sieht Kickl ein Versagen der Corona-Politik der Regierung.

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