Vorarlbergs neue Bürgermeister: Simon Morscher aus Klaus

Vorarlberg / 04.10.2020 • 16:00 Uhr / 9 Minuten Lesezeit

Simon Morscher über sein Alter, seine politische Motivation und was er mit der Vorderland-Gemeinde vorhat.

Klaus Nachdem Simon Morscher bei der Bürgermeisterwahl 70,8 Prozent der Stimmen für sich gewinnen konnte, ist er nach Simon Tschann in Bludenz der zweitjüngste Bürgermeister in Vorarlberg. Welches Projekt er als erstes umsetzen möchte, wie die Coronakrise sein Leben beeinflusst hat und wie es mit den Finanzen in der Vorderland-Gemeinde aussieht, verrät der 29-Jährige im Gespräch mit den VN.

Herr Bürgermeister, Sie sind der zweitjüngste Bürgermeister im Land. Provokante Frage: Warum tut man sich das in Ihrem Alter überhaupt an?

Morscher Ich bin in Klaus aufgewachsen, hier zur Schule gegange und bin in vielen Verein tätig gewesen. Durch den ehemaligen Bürgermeister Werner Müller bin ich 2015 in die Gemeindepolitik gekommen und habe mitarbeiten dürfen. Als ich damals gefragt worden bin, ob ich kandidieren möchte, hat mich das sehr gefreut. Nach Überlegungen habe ich mich aktiv für eine Kandidatur entschieden. Es ist eine schöne Aufgabe, es macht mir sehr viel Spaß, vor allem auch die viele Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern. Es ist eine coole Sache!


Sie konnten bei der Direktwahl knapp 71 Prozent der Stimmen für sich gewinnen. Auf was führen Sie die große Zustimmung zurück?


Morscher Wir waren sehr viel unterwegs im Wahlkampf. Das geht nur mit einem starken Team, das hinter mir steht. Ich bin auch viel persönlich von Haus zu Haus gegangen. Ich denke es war ein Erfolg, dass wir auf die Bürgerinnen und Bürger aktiv zugegangen sind und unsere Ideen für Klaus präsentiert haben. Da wurde sicher auch klar, dass eine junge Person wie ich dieses Amt ausüben kann.


Was hat Sie dazu bewogen, diese Funktion zu übernehmen?


Morscher Kaus liegt mir am Herzen, mein Lebensmittelpunkt ist hier. Ich will, dass es den Klauserinnen und Klausern gut geht. Das, was ich in meinen jungen Jahren in Vereinen und in der neuen Hauptschule erlebt habe, das möchte ich beibehalten und weiterentwickeln.

VN-Redakteur Tony Walser im Videogespräch mit dem neuen Klauser Bürgermeister Simon Morscher. <span class="copyright">VN</span>
VN-Redakteur Tony Walser im Videogespräch mit dem neuen Klauser Bürgermeister Simon Morscher. VN


Wie fühlen Sie sich in Ihrer neuen Rolle und haben Sie sich einleben können?


Morscher Es sind gerade meine ersten offiziellen Tage, da ist natürlich noch viel zu lernen. Aber es heißt ja Learning-by-doing, man muss einfach machen und daraus lernen. Es ist eine neue Rolle, die ich einnehme. Das kann man nicht lernen, aber die fünf Jahre im Gemeindevorstand helfen mir. Ich weiß, wie das System funktioniert, auch unterstützend durch mein Studium. Die Bürgermeistertätigkeit ist etwas Neues, das mir sehr viel Spaß macht.


Es gibt die vorgefasste Meinung, dass in der Kommunalpolitik Erfahrung notwendig ist, um Bürgermeister sein zu können. Wie sehen Sie das?


Morscher Eine gewisse Erfahrung ist gut, mit den fünf Jahren im Gemeindevorstand bringe ich die auch mit. Das Wichtige ist, dass man weiß, wer die Informationen hat. Man muss als Bürgermeister nicht alles wissen, denn man hat so viele Leute auf Landesebene, die spezialisiert sind. Man muss wissen, wo man fragen muss. Ein Netzwerk hilft sicher im Amt als Bürgermeister.

Wie sehr hat die Coronapandemie Ihr Leben verändert?


Morscher Als der erste Wahlgang abgesagt wurde, war das schon ein Schock. Rückblickend war die Absage die richtige Entscheidung. Persönlich habe ich den Kontakt zu den Großeltern gedrosselt, ich habe für sie und andere Klauser Besorgungen erledigt. Auf politischer Ebene ist es wichtig, dass wir das, was Bund und Land vorgeben, umsetzen, damit wir die Pandemie eingrenzen können. Als Bürgermeister ist es wichtig, die Veranstaltungen im Dorf anzuschauen, ob diese möglich sind oder nicht. Im Hinterkopf natürlich auch die Wirtschaft. Es gilt von Veranstaltungen zu Veranstaltung abzuwägen.


Schütteln Sie als Politiker derzeit Hände?


Morscher Entweder gebe ich die Faust oder den Ellbogen, aber die Hand gebe ich momentan nicht.

Sie haben in Klaus mit Ihrer Liste mit 15 von 24 Sitzen die Mehrheit. Insgesamt gibt es fünf Listen in Klaus. Werden Sie die Mehrheit nutzen oder suchen Sie den Konsens?
Morscher Wir werden den Konsens suchen. Wir haben mit den anderen Listen Gespräche geführt, wie wir die Ausschüsse führen werden. Wir sind eine 3300-Seelen-Gemeinde, da ist es wichtig, dass man den Konsens sucht und alle hinter einer Entscheidung stehen. Wir haben aber das freie Mandat, jeder kann entscheiden, wie er möchte.

Simon Morscher, Bürgermeister von Klaus.
Simon Morscher, Bürgermeister von Klaus.


Welchen Führungsstil darf man von Ihnen als Gemeindechef erwarten?


Morscher Ein Bürgermeister macht keine Führung, es geht darum, dass man zusammenarbeitet.


Wie sieht es mit den Finanzen in Klaus aus? Wo gibt es Probleme?


Morscher Aktuell gehen wir von einem Rückgang der Ertrags- und Kommunalsteuer aus. Wir werden den Rechnungsabschluss genau anschauen müssen: Was ist ausgegeben worden, wo haben wir noch Spielraum am Ende des Jahres? So wie es jetzt ausschaut, wird das kommende Jahr nicht viel besser sein. Wir müssen ein straffes Budget machen. Wir sind aktuell also eher auf Sparkurs.


Gibt es Projekte, die zwischenzeitlich auf das Abstellgleis gekommen sind?


Morscher Wir schauen, dass wir kleinere Dinge schieben können, um Spielraum zu gewinnen. Das soll kein Stillstand bedeuten, sondern es soll auch weiter investiert werden. Im kommenden Jahr wird es zum Beispiel eine Umstellung bei den Leuchtmasten auf LED geben, damit wir CO2-freundlicher werden.


Wie sieht es in Klaus mit sozialem Wohnbau aus? Gibt es genügend Wohnraum für junge Familien?
Morscher Ich unterscheide zwischen sozialem Wohnbau und leistbarem Wohnen. Ich habe ein Projekt übernommen, das es schon länger gibt, da geht es um einen Grundstückstausch, auf dem wir leistbaren Wohnraum bauen wollen. Im Bereich sozialer Wohnbau haben wir einiges in Klaus, den größeren Bedarf sehe ich in leistbarem Wohnen.

<span class="copyright">Mauche</span>
Mauche


Gibt es eine Liste von Wartenden auf Wohnungen in der Gemeinde?


Morscher Ja, aber ich kann nicht sagen, wie lang sie ist.


Derzeit zählt Klaus 3300 Einwohner. Gibt es Abwanderungstendenzen?


Morscher Laut Statistik ist Klaus in den vergangenen zehn Jahren nicht mehr so stark gewachsen wie in den vergangenen 50 Jahren. Alle Vorderlandgemeinden sind etwas zurückgegangen im Wachstum. Abwanderung sehe ich keine, aber wir werden sicher Projekte ins Auge fassen, um Wohnbau für junge Menschen zu schaffen. Die Gemeinde hat aber irgendwann keine Möglichkeiten mehr, weil wir keine Grundstücke haben.


Haben Sie ein politisches Vorbild?


Morscher Aktuell kommen mehr junge Menschen in die Politik. Vorbild habe ich keines, aber man tauscht sich gerade unter den Jungen gut und gerne aus.


Welche Rolle soll Parteipolitik in der Klauser Gemeindestube spielen?
Morscher Keine, es gibt das Freie Mandat. Jeder kann stimmen, wie es den eigenen Werten entspricht.


Was ist Ihr erstes Ziel?


Morscher Mir ist ganz wichtig, dass wir eine e5-Gemeinde werden, das ist eine Herzensangelegenheit für mich. Wir werden einen e5-Ausschuss bilden, um das Thema voranzutreiben.


Noch eine persönliche Frage: Sind Sie mit Ihrer monatlichen Entschädigung zufrieden und wieviel werden Sie bekommen?


Morscher Das wird erst noch entschieden.Wir werden einen Antrag stellen und sehen, wie die Gemeindevertretung abgestimmt.

Zur person: Simon Morscher

Geboren 11. Juni 1991 in Klaus.

Ausbildung HTL Rankweil (Fachschule für Elektronik). Studium der Politikwissenschaft an der Universität in Innsbruck, Abschluss Jänner 2020.

Laufbahn Sechs Jahre als Prüffeldtechniker und Technical Support Engineer bei der Firma Omicron electronics in Klaus. Seit 2015 Gemeindevertreter und Mitglied des Gemeindevorstandes.

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