Das war sicher schon fünfzig Jahre alt
Typische Serie: Zuerst ging der Geschirrspüler ein, dann schaltete sich der Kühlschrank für immer aus, dann musste, nachdem ich den verstopften Abfluss selber gereinigt hatte, doch noch der Installateur kommen, und zuletzt wurde die Schülerin am Schulweg ohne Schülerausweis in der U-Bahn angetroffen, weil die Huschi-Mutter vergeigt hatte, rechtzeitig neue Jahrestickets zu besorgen. Galten die Ausweise vom Vorjahr früher nicht immer bis Ende September? Jetzt jedenfalls nicht mehr, und nach dem 15. wird man erbarmungslos abgestraft, zahlen Sie bitte innerhalb von 14 Tagen 115 Euro undsoweiter. Das tut weh. Und das ärgert einen so, weil derart deppert und sinnlos, und: selber Schuld.
In solchen Momenten erinnere ich mich so schnell wie möglich an den Familien-Leitspruch für solche Situationen: Es ist nur Geld. Sei froh, dass nichts wirklich Schlimmes passiert ist, aus einer Unachtsamkeit heraus oder einer Vergesslichkeit. Denk an die Geschichte, als ein gusseiserner Blumenkistl-Halterungshaken vom Balkongeländer gerutscht und fünf Stockwerke hinunter auf die Straße gefallen ist, und Gottseidank traf er nur die Windschutzscheibe eines parkenden Autos. Es war das Auto des Sohnes eines ziemlich bekannten Promis, er war gerade ausgestiegen, und er glaubte im ersten Schock nach dem Knall, es sei auf ihn geschossen worden. Ich konnte ihn beruhigen, und wir regelten das mit der Scheibe. Nur mich selber konnte ich danach nur sehr schwer beruhigen, ich lag viele Nächte wach: Es hätte auch jemand unten vorbeigehen können, da ist ein Spielplatz in der Nähe, nicht auszudenken, nicht auszudenken.
„Danke, danke, tausendmal danke an all die vielen Schutzengel, dass damals nichts Ärgeres passiert ist, dass es nur ein Auto traf.
Daran erinnere ich mich immer, wenn etwas Blödes, aber letztlich Folgenloses passiert, wenn die Spülmaschine eingeht (hat immerhin 16 Jahre brav durchgehalten) oder der Kühlschrank (der war bereits da und eindeutig schon länger in Betrieb, als wir vor fast 19 Jahren in diese Wohnung gezogen sind), wenn das Abflussrohr beim Festdrehen in Rostflocken zerbröselt (das war sicher fünfzig Jahre alt, du konntest nichts dafür) oder wenn ich eine Strafe kassiere für Schlamperei und Unachtsamkeit: Danke, danke, tausendmal danke an all die vielen Schutzengel, dass damals nichts Ärgeres passiert ist, dass es nur ein Auto traf. Denn selbst in dieser blöden Alles-geht-auf-einmal-kaputt-Serie, die damit hoffentlich abgeschlossen und für heuer erledigt ist, wirken die 115 Euro Schwarzfahrstrafe neben diesem großen Glück wie ein absolut minderes Unglück, eine Lappalie, ein Klapps auf die Hand. Kein Grund zu jammern. Ist nur Geld, ist nichts wirklich Dramatisches, das regelt sich schon, zähneknirschend, das geht sich schon aus.
Doris Knecht ist Kolumnistin und Schriftstellerin. Sie lebt mit ihrer Familie in Wien und im Waldviertel
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