Von der FW-Kommandozentrale in den Bürgermeistersessel

Kindercampus und Causa Erweiterung Rauch als Herausforderungen zum Amtsantritt.
ludesch Mit der Aufhebung des Volksentscheids zur geplanten Erweiterung der Firma Rauch durch den Verfassungsgerichtshof hat die Amtszeit von Neu-Bürgermeister Martin Schanung in Ludesch mit einem Knalleffekt gestartet. Der neue Gemeindechef will sich nun in Ruhe ein genaues Bild von der Situation machen und diesbezüglich in die Gemeinde hineinhören. Mit der Realisierung des neuen Kindercampus steht die Blumenegggemeinde zudem vor einer großen finanziellen Herausforderung.
Was hat Sie dazu bewogen, das Bürgermeisteramt zu übernehmen?
schanung Die Entscheidung fiel nicht aus Eigeninitiative, sondern vielmehr, weil man auf mich zugekommen ist. Nach reiflicher Überlegung und Beratung mit meiner Familie habe ich mich dann zu diesem Schritt entschieden.
Bei der Bürgermeisterdirektwahl konnten Sie dann über 81 Prozent der Ludescher überzeugen. Worauf führen Sie den Zuspruch zurück?
schanung Vielleicht beruht ein Teil des Zuspruchs auf der Hoffnung, dass man neue Wege geht und es Veränderungen gibt. Auf jeden Fall ist es eine große Anerkennung der Bevölkerung und gleichzeitig eine große Verantwortung.
Wie würden Sie Ihren Führungsstil bezeichnen?
schanung Ich bin ja nichts anderes als ein Vertreter des Volks. Umso wichtiger ist es mir, mit den Menschen in Kontakt zu treten, jede einzelne Stimme zu hören und Input und Informationen von außen zu holen. Auf diesem Fundament baue ich dann meine Meinung auf.
Sie sind seit vielen Jahren bei der Feuerwehr, aktuell als Kommandant, aktiv. Wie lässt sich das Hobby mit dem Bürgermeisteramt vereinen?
schanung Bis dato bin ich noch Feuerwehrkommandant, doch das wird sich in geraumer Zeit ändern. Ich werde das Amt niederlegen und bei der Feuerwehr etwas kürzertreten. Als Nachfolgekandidat steht mein bisheriger Vize, Matthias Burtscher, zur Verfügung. Die Neuwahlen hätten Mitte November bei einer außerordentlichen Jahreshauptversammlung stattfinden sollen. Doch aufgrund der Coronasituation wurden diese jetzt einmal verschoben.
Ludesch hat mit der geplanten Erweiterung der Firma Rauch und der dazu durchgeführten und nun für ungültig erklärten Volksabstimmung von sich reden gemacht. Wie geht es in dieser Angelegenheit weiter?
schanung Da ich in den letzten fünf Jahren, als das Thema intensiv behandelt wurde, nicht in der Gemeindevertretung war und somit unbefangen bin, habe ich mir die Freiheit herausgenommen, mit allen Seiten Gespräche zu führen und mich im Detail zu informieren. Dahingehend und aufgrund von fundierten Daten werden wir dann entscheiden. In welche Richtung es geht, ist noch ergebnisoffen, offen ist auch das Zeitfenster. Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt auch keinen Druck, wichtig ist, die Thematik sauber aufzuarbeiten.
Ihr Vorgänger sprach unmittelbar nach der Volksabstimmung von einer gespaltenen Gemeinde? Haben sich die Wogen geglättet?
schanung Gefühlsmäßig hat sich die ungute Stimmung gelegt. Aber ich denke auch, dass viele in einer abwartenden Haltung sind.
In den letzten Jahren wurde in Ludesch eine restriktive Finanzpolitik betrieben. Wie schaut die finanzielle Lage heute aus?
schanung Man hat seit 2010 einen Konsolidierungskurs gefahren – der Schuldenstand konnte von knapp 20 auf unter 10 Millionen Euro reduziert werden. Jetzt haben wir aber aufgrund der Coronakrise, wie alle Gemeinden, die Situation, dass finanzielle Mittel fehlen und wir in Sachen Budget für das nächste und die darauffolgenden Jahre schon etwas in der Luft hängen.
Ein Projekt, das bereits länger auf der Agenda steht, ist der neue Kindercampus. Wie weit ist das Projekt gediehen?
schanung Die nach der Wahl neu gebildete Arbeitsgruppe hatte vor Kurzem eine digitale Teamkonferenz. Zudem wird aktuell die Ausschreibung eines Architekturwettbewerbs erarbeitet. Ziel ist es, Anfang des Jahres in den Prozess zu starten, um dementsprechend über die Jurybewertung ein Siegerprojekt küren zu können. Natürlich muss in der Folge die genaue
Finanzlage geprüft werden. Erst dann können wir entscheiden, ob wir uns das bislang mit 15 Millionen Euro dotierte Projekt leisten bzw. wie wir die Investition stemmen können.
Abgesehen davon, was steht in Ludesch in den kommenden Jahren auf der To-do-Liste?
Schanung Das wichtigste Projekt ist ohne Frage der Kindercampus. Hier sind wir gefordert, die entsprechenden Räumlichkeiten für unsere Kinder und Kindeskinder zu schaffen. Infrastrukturmäßig steht in weiterer Zukunft die Thematik Feuerwehrhaus an. Hier zeigt eine Studie von 2012, dass wir schon seit vielen Jahren am Limit sind und reagieren müssen. Alle weiteren Schritte hängen von unseren begrenzten Finanzmitteln ab.
Wie gehen Sie persönlich mit der Coronakrise um bzw. welche Auswirkungen hat diese auf die Gemeinde?
Schanung Ich nehme das Thema Corona sehr ernst – mein Appell lautet: Nehmt Corona ernst, schaut aufeinander, aber versteckt euch nicht. Für die Arbeit in der Gemeinde bedeutet das, dass wir trotz allem etwas tun müssen, wir dürfen uns nicht zurücklehnen, wir müssen nach vorne schauen. Auch ist die regionale Zusammenarbeit sehr wichtig. Meine Amtskollegen und ich halten etwa per Videokonferenzen Kontakt. Diese digitalen Konferenzen ersetzen zwar nicht das physische Zusammensitzen, bieten aber gute Möglichkeiten. VN-js

Zur Person
Martin Schanung
Geboren 13. Oktober 1985
Familie verheiratet, 1 Kind
beruf Holzbauingenieur