Gelebte soziale Einstellung

Im Alter von 98 Jahren starb der Bludescher Altbürgermeister Josef Wehinger.
BLUDESCH Am 14. November 2020 verstarb der Altbürgermeister von Bludesch, Josef Wehinger, im Alter von 98 Jahren. Seine Karriereleiter in der Bludescher Gemeindepolitik begann Josef Wehinger als Gemeindevertreter. Nach zehn Jahren wurde er in den Gemeindevorstand und nach weiteren zehn Jahren zum Vizebürgermeister (1970 bis 1975) gewählt. Anschließend war er zehn Jahre Bürgermeister der Gemeinde Bludesch (1975 bis 1985).
Für seine besonderen Verdienste wurde er mehrfach hoch ausgezeichnet. Im Jahre 2001 erhielt er den Ehrenring der Gemeinde Bludesch. Er war zudem Träger des Goldenen Verdienstzeichens der Republik Österreich und der Viktor-Adler-Plakette, der höchsten Auszeichnung der SPÖ. Seine ehrenvolle Wahl in den Bundesrat lehnte er 1980 aus familiären Gründen ab.
Sehr wichtig war für ihn mit seiner großen sozialen Einstellung die stete Nähe zu den Menschen.
In seine Funktionszeit als Bürgermeister fallen u. a. die Realisierung des Wasserreservoirs und der Holzbrücke Gais-Nenzing, die Friedhofserweiterung mit der Leichenkapelle sowie die Renaturierung des Dabalada- und Schwarzbaches und die erste Form der Landesradroute Gais-Bludesch.
Auf seine Initiative geht die Restaurierung der denkmalgeschützten „Krone“ als neues Gemeindeamt mit inkludierter Gastronomie und Gemeindesaal zurück. Auch beim Bau der Walgaukaserne wirkte er mit. Ebenfalls legte er den Grundstein für das neue Gemeindezentrum mit Arzt- und Zahnarztpraxis, Apotheke, Bankfiliale und Post inklusive Café und zahlreichen Vogewosi-Wohnungen. Dadurch wurde das alte Gemeindeamt für die Nutzung der Feuerwehr Bludesch frei.Mit einigen Bludeschern gründete er die Fischereivereinigung Rasselles-See, der er viele Jahre als Obmann vorstand.
Zudem war er Gastgeber für prominente SPÖ-Bundespolitikerinnen und -politiker wie Bundeskanzler Bruno Kreisky, Vizekanzler Hannes Androsch, Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg sowie Verteidigungsminister Karl Lütgendorf. Josef Wehinger erblickte am 17. Oktober 1922 in Bürserberg, Parzelle Masura als zweites Kind von Ferdinand und Maria Wehinger das Licht der Welt. Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und die Wirtschaftskrise in den Dreißigerjahren bescherten ihm keine schöne Kindheit. Mit 14 Jahren begann er seine Ausbildung zum Bäcker. Zu seiner Tätigkeit gehörte auch das „Brotausfahren“ mit dem Fahrrad. Das führte ihn auch ins Große Walsertal, wo er mit 19 Jahren Anna, seine spätere Frau, kennenlernte. Seinen Kriegsdienst versah er in Norwegen, erst zum Ende des Krieges wurde er nach Frankreich verlegt, wo er in Gefangenschaft geriet. Nach Ende der Gefangenschaft kehrte er 1946 heim und machte sein Versprechen, seine Anna zu heiraten, wahr. Ihnen wurden acht Kinder geschenkt, eine Tochter starb bei der Geburt.
1947 zog das junge Paar nach Nenzing. In dieser Zeit war Josef Wehinger bei der Spedition Weiss als Lkw-Beifahrer tätig. 1949 wechselte er zur Firma Getzner, wo er eine Arbeit als Spinner aufnahm. Wenig später begann er seine Ausbildung zum Werkmeister. Nach anfänglichem Zögern ließ er sich als Betriebsratskandidat aufstellen, wurde Betriebsrat, trat nach langem Zögern der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter bei und schon kurze Zeit später wurde er Betriebsratsobmann. Als solcher lieferte er sich harte Gefechte mit der Geschäftsleitung, die für ihn meist erfolgreich endeten. Trotzdem wurde er von der Geschäftsleitung stets geachtet.
1950 gelang es ihm, ein Grundstück in Gais zu kaufen. Mit viel Eigenleistung begannen Josef und Anna Wehinger mit dem Bau eines eigenen Hauses. Im Jahre 1963 trat Josef Wehinger hauptberuflich in die Bundesländer-Versicherung ein. 1982 ging er dort in Pension und wurde 1986 zum Pensionistenobmann, Gruppe Bludesch, gewählt. Diese Funktion übte er viele Jahre, die meisten davon mit seiner Frau Anna, erfolgreich aus.
Vor 53 Jahren wurde ihm vom Verein der Vorarlberger Blasmusik das „Goldene Verdienstzeichen“ überreicht.
Der Tod seiner Anna am 3. Februar 2014 hat ihn schwer getroffen. Er hat sich in der Folge zurückgezogen, aber nach wie vor gerne in seinem Garten gearbeitet. Bis zuletzt war er immer aktiv und neugierig, bis ihn eine kurze, aber schwere Erkrankung in die Knie zwang. EE