Die Menschenfreundin

Ihre Klienten sind alt und hilfsbedürftig. Deshalb ist Mohi-Helferin Karin Gmeiner für sie unentbehrlich.
Dornbirn Während Mohi-Helferin Karin Gmeiner (45) Geschirrtücher bügelt, liest Maria-Luise Winsauer die Zeitung. Die 69-jährige Dornbirnerin wurde vor zwei Wochen an der Wirbelsäule operiert. Sie ist noch geschwächt von der OP und froh, dass Karin ihr einen Teil der Hausarbeiten abnimmt. Die beiden Frauen unterhalten sich gerade über den Wahlausgang in Amerika. Maria-Luise schätzt Karin als Haushaltshilfe. „Aber sie ist für mich auch ein Ansprechpartner.“
“Das Schöne an meinem Beruf ist, dass man unter Menschen ist und ihnen helfen kann.”
Karin Gmeiner, Mohi-Helferin
Karin arbeitet seit 14 Jahren für den Mobilen Hilfsdienst. Die Arbeit gefällt der Dornbirnerin. „Das Schöne ist, dass man unter Menschen ist und ihnen helfen kann. Irgendwo allein zu arbeiten, könnte ich mir nicht vorstellen.“ Die meisten ihrer Klienten sind dankbar und geben ihr viel zurück. „Gestern sagte eine über 80-jährige Frau zu mir: ,Was täte ich ohne dich.‘“ Das sind Momente, die Karin zufrieden machen und ihr zeigen, wie sinnvoll ihre Tätigkeit ist.
Karins berufliche Laufbahn begann im Spital Dornbirn. „Ich habe dort vor meiner Heirat als Stockmädchen gearbeitet.“ Auch diesen Job schätzte sie, weil er sie mit Menschen zusammenbrachte. Als sie Jahre später einem ehemaligen Krebspatienten begegnete, sagte dieser zu ihr: „Karin, du hast mir damals gutgetan. Denn du hast mir zugehört und Späße gemacht.“
Innige Umarmung als Trost
Die Mohi-Helferin mag Menschen. Ihre Herzenswärme kommt ihren – zumeist betagten – Klienten zugute. Wenn sie merkt, dass es einem nicht gut, spendet sie Trost. Manchmal hilft bereits eine innige Umarmung, damit die Welt des alten und hilfsbedürftigen Menschen wieder rosig aussieht.
Karin leidet darunter, dass sie wegen der Pandemie auf Distanz bleiben muss. Dabei sind körperliche Nähe und Berührungen ein Grundbedürfnis des Menschen, ein Leben lang – von der Geburt bis zum Tod. „Du darfst nicht einmal mehr die Hand geben“, bedauert Karin, dass im Zuge der Pandemie viel verlorengegangen ist von dem, was das Menschsein ausmacht. Die 45-Jährige hofft, dass sich bald wieder alles zum Alten wendet, auch in ihren Beruf wieder Normalität einkehrt und sie die FFP2-Maske schon demnächst ablegen kann.
Bereits beim ersten Lockdown fiel der Mohi-Helferin auf, dass ihre betagten Klienten relativ wenig Angst vor dem Virus hatten. „Die über 80-Jährigen verkopfen sich nicht. Die sagen zu mir: ,Wenn ich daran sterben muss, dann ist es halt so.“ Karin kommt eine alleinstehende 95-jährige Klientin in den Sinn, die sich mehr vor der Vereinsamung als vor dem Tod fürchtete. „Die hatte im ersten Lockdown Selbstmordgedanken, weil niemand mehr ins Haus kam und ihr die Decke auf den Kopf fiel.“ Karin freilich ließ sie nicht im Stich. „Ich habe die Frau außertourlich besucht und ihr Mut zugesprochen.“
In der Not zusammenhalten
Das Leben lehrte die Mutter von zwei Söhnen, dass man fest zusammenhalten muss, gerade in der Not. Die Alpe war ihr in dieser Hinsicht eine Lebensschule. Karin ging mit ihrer Familie 30 Sommer s‘Alp. Die Arbeit dort oben erforderte ein stetes Miteinander. „Man ist auf den andern angewiesen und muss sich aufeinander verlassen können.“
Die Erinnerungen an das Alp-Leben treiben der Dornbirnerin Tränen in die Augen – so schön sind sie. Die Natur und die Ruhe taten ihrer Seele gut. Wenn Karin heute Erholung braucht, dann besucht sie ihren Sohn Max, der eine Alpe bei Nenzing bewirtschaftet.
Karin Gmeiner
geboren 30. August 1975 in Dornbirn
Wohnort Dornbirn
Familie verheiratet, zwei Söhne
Hobbys Laufen, Lesen, Stricken, Garten