Finsternis in der Sonnenstraße

Virus-Hotspot in Lustenau. Es erwischte ein Haus nach dem anderen.
LUSTENAU Die Lustenauer Sonnenstraße ist kein Ort, den eine Pandemie mögen sollte: geräumige Eigenheime, große Gärten, vernünftige Menschen. Und doch suchte sich das Coronavirus genau dort auf engstem Raum ein Opfer nach dem anderen, ohne dass sich ein Gesamtzusammenhang erkennen ließe.
Schlimm erwischt
Die Erste, die es bereits im Frühjahr erwischte, war Nadine Benneker (45). „Ich dürfte mich bei einer Person in meiner Hausbank angesteckt haben. Da hat mich einer angehustet. Zwei Tage später ging es los. Erst bekam ich starke Rückenschmerzen, dann kam das Fieber: 40 Grad!“ Der Coronatest, den Benneker, die Frau des früheren Fußballprofis Armand Benneker, machen ließ, brachte das erwartete positive Ergebnis. Für die sportliche Mutter zweier Töchter war es der Anfang eines Martyriums, das ihr alle Symptome bescherte, die Covid-19 auf Lager hat. „Das besonders Tückische daran: Nach fünf Tagen glaubte ich, es geht mir besser. Doch dann kam ein Rückfall mit unvorstellbaren Kopfschmerzen. Ich lebte zweieinhalb Wochen zu Hause völlig isoliert in einem Zimmer. Glücklicherweise erwischte es von der Familie sonst niemanden.“
Gleich nebenan im Haus von Fritz (81) und Hildegard (79) Hagen. Das Paar steckte sich Ende Oktober durch einen Enkel an, der mit dem Sohn und dem Rest seiner Familie für ein paar Tage aus Deutschland gekommen war. „Unser Sohn reiste ab und teilte uns noch am selben Tag mit, dass der Enkel positiv sei. Wir ließen uns dann natürlich auch gleich testen.“ Drei Tage mussten die Hagens auf das Ergebnis warten, ehe sie die unangenehme Wahrheit erfuhren. Glücklicherweise nahm die Krankheit bei den Senioren einen milden Verlauf. Fritz verlor zwischenzeitlich seinen Geruchssinn, Hildegard hatte Magen-Darm-Probleme und litt an Müdigkeit. „Aber Fieber bekamen wir nicht“, durften sie feststellen. Dafür traf Corona vor allem Hildegard auf andere Weise mitten ins Herz. „Der Mann meiner Schwester, die in Südtirol lebt, starb an dem Virus“, erzählt die 78-Jährige.
Passiert in Wien und Lustenau
Einem anderen älteren Ehepaar, das einen halben Steinwurf von den Nachbarn entfernt wohnt und seine Namen nicht nennen möchte, setzte Corona schwerer zu als den Hagens. „Meine Frau brach zusammen und war bewusstlos“, erzählt der bald 80-Jährige vom großen Schrecken, den beide erlebten. Er selber kam glimpflich davon.Vis-à-vis der Hagens wohnt Sabine Hollenstein. Auch die 57-Jährige wurde wie einer ihrer Söhne positiv auf Covid-19 getestet. „Bei mir passierte es wohl in Wien. Ich wurde als K1-Person der Tochter einer Lustenauer Familie, die ich dort traf, genannt. Mein Sohn dürfte sich beim Fußballspielen angesteckt haben.“ Während sie nur ein leichtes Kratzen im Hals verspürte, verlor ihr Sohn kurzfristig den Geschmackssinn. „Aber schlimm war es nicht“, sagt Hollenstein. Warum in der direkten Nachbarschaft alle Bewohner das Virus einfingen, kann sich Hollenstein nicht erklären. „Es gibt ja da keinen Zusammenhang. Es muss Zufall sein.“
Das glaubt auch Ex-Austria-Lustenau-Präsident Hubert Nagel, der Teil der Corona-Nachbarschaft in der Sonnenstraße ist. So grassierte das Virus in der Belegschaft seiner Firma. „Eine Mitarbeiterin war bei uns positiv. Dann ließen wir uns alle testen. Und siehe da, ich war auch positiv“, berichtet Nagel.
Während die körperlichen Symptome sich auf Appetitlosigkeit beschränkten, litt Nagel vor allem unter der Isolation zu Hause. „Das empfand ich als sehr belastend.“ Angesteckt hat sich der 69-Jährige seiner Meinung nach aber nicht im Betrieb, sondern durch einen Bekannten, einen ungefähr gleichaltrigen Mann, der ihn besuchte. Müßig zu erwähnen, dass dieser auch in der Sonnenstraße lebt. VN-HK


